Margenbereinigte Cashflows in der Zinsbuchsteuerung
Margenbereinigte Cashflows werden in der Zinsbuchsteuerung bei Kreditinstituten insbesondere auch deshalb genutz, da es sich um eine – auch von der Aufsicht geforderte – der einzelnen Risikoarten abgegrenzte Berechnung handelt. Für den Einsatz in der Sparkassenorganisation haben wir ein MBCF-Hilfstool entwickelt, das die Rückrechnung auf den Innenzins auf Basis der in der Datenbank enthaltenen Informationen größtenteils automatisiert vornehmen kann.

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Praktische Umsetzung mit dem MBCF-Hilfstool
Im Kontext der IRRBB1 beziehungsweise des BaFin- Rundschreibens zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch2 dürfen Kreditinstitute im Rahmen der Ermittlung des BaFin-Koeffizienten die Berechnungen auf Basis eines margenbereinigten Cashflows vornehmen. Die Institute sollten sich dabei an ihrer internen Risikomanagement- und -messmethode für das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch orientieren. Sofern eine Herausrechnung erfolgt, ist dies der Aufsicht anzuzeigen (FinaRisikoV)3.
Motivation für eine Verwendung margenbereinigter Cashflows in der Zinsbuchsteuerung bei Kreditinstituten ist insbesondere eine – auch von der Aufsicht geforderte – bezüglich der einzelnen Risikoarten abgegrenzte Berechnung. Mit diesem Grundprinzip einer nach Risikoarten separierten Berechnung sind alle nicht zinssensitiven Cashflow-Bestandteile aus den Zinsänderungsrisikoberechnungen herauszurechnen. Dies entspricht auch der späteren Darstellung in der Risikotragfähigkeit.
In einem vorangegangenen Artikel4 hatten wir den methodischen Ansatz für eine Umsetzung in der Praxis erläutert, sofern nicht direkt auf innenzinsbasierte Cashflows aus den angelieferten Rohdaten zurückgegriffen werden kann. Getrennt nach Kunden- und Eigengeschäft muss in diesem Fall eine Rückrechnung auf den Innenzins erfolgen. Hierbei werden die Margen- und Spread-Komponenten vom angelieferten Außenzins separiert. Voraussetzung dabei ist, dass diese als ergänzende Informationen zur Verfügung stehen.
Für den Einsatz in der Sparkassenorganisation hat die msg GillardonBSM AG ein Tool entwickelt, das diese Rückrechnung auf den Innenzins auf Basis der in der Datenbank enthaltenen Informationen größtenteils automatisiert vornehmen kann.
Aufbauend auf dem oben angeführten methodischen Ansatz gibt dieser Artikel einen Einblick in das konkrete prozessuale Vorgehen und zur technischen Unterstützung. Weiterhin wird eine potenzielle Ergebniswirkung hinsichtlich Cashflow-Struktur und Risikokennzahlen aufgezeigt.
Vorgehen über Korrektur-Cashflows
Über das Aggregieren der angelieferten periodisierten Liquiditätsbeiträge (Liquiditätsspread) und der Bruttomarge nach Liquidität wird für das Kundengeschäft ein Korrektur-Cashflow über die Gesamtlaufzeit der Istgeschäfte gebildet. Dieser korrigiert auf leicht aggregierter Ebene (monatlicher Korrektur-Cashflow) den in der Regel auf täglicher Basis angelieferten außenzinsbasierten Zinsänderungsrisiko-Cashflow der Istgeschäfte. Die Korrektur erfolgt getrennt nach Liquiditätsbeitrag und Bruttomarge, um die Nachvollziehbarkeit zu erhöhen.

Abbildung 1: Beispiel Korrektur-Cashflow Bruttomarge
Die Cashflow-Korrektur der laufenden Bruttomarge erfolgt saldiert für das gesamte Kundengeschäft über einen negativen Korrektur-Cashflow (vgl. Abbildung 1). Aufgrund der Fristigkeit im Kundengeschäft nimmt die absolute Höhe der Korrektur im Zeitverlauf ab.
Der Liquiditätsbeitrag-Korrektur-Cashflow ist strukturell ebenfalls negativ. Hierbei verursacht die Fristigkeit der Geschäfte ebenfalls zu Beginn größere und im Zeitverlauf geringere Beträge.
In den ersten Monaten ist die Korrektur des Liquiditätsbeitrags in der Regel zunächst geringer als in den Folgemonaten. Hintergrund sind der kurz disponierte Anteil im variablen Geschäft und gegebenenfalls kurze Refinanzierungen der Sparkasse. Diese weisen negative Liquiditätsbeiträge auf und fließen somit positiv in den Korrektur- Cashflow ein.

Abbildung 2: Beispiel Korrektur-Cashflow Liquiditätsbeitrag
Durch die Saldierung Aktiv-/Passivgeschäft entsteht der in Abbildung 2 dargestellte Effekt innerhalb der ersten Monate in unterschiedlich starker Ausprägung.
Für Eigengeschäfte wird im Rahmen des Rückrechnungsverfahrens auf den sogenannten Treasurybeitrag abgestellt, der als Summe von Liquiditätsbeitrag und Credit-Spread zusammengefasst wird. Über die angelieferten periodisierten Daten für den Treasurybeitrag wird auch hier ein Korrektur-Cashflow gebildet.

Abbildung 3: Beispiel Korrektur-Cashflow Treasurybeitrag
Der Korrektur-Cash-Flow zum Treasury-Beitrag ist in der Regel zu Beginn ebenfalls negativ (Eigengeschäfte Aktiva) und – sofern lange Refinanzierungen vorhanden sind (längere Fristigkeiten als im Aktivgeschäft) – im späteren Verlauf positiv (vgl. Abbildung 3).
Über die Herausrechnung der zuvor vorgestellten Komponenten kann auf Basis der in der Datenbank enthaltenen Daten konsistent und transparent für alle zinstragenden Geschäfte auf den Innenzins zurückgerechnet werden.
Dadurch, dass weiterhin der außenzinsbasierte Cashflow parallel zu Informations- und Validierungszwecken in der Datenbank zur Verfügung steht, können Vergleichs- und Validierungsrechnungen durchgeführt werden.
Ergebniswirkung
In der Ergebniswirkung hat die Korrektur der auf Außen- zins angelieferten Zinsänderungsrisiko-Cashflows eine Verringerung der aktivischen Cashflows und eine Verlängerung des Risikohebels (Passivseite) zur Folge. Der barwertige Anteil des dem Zinsänderungsrisiko zuzuordnenden Geschäfts sinkt, da die Komponenten aus dem Liquiditätsbeitrag (Liquiditätsrisiko) und der Bruttomarge (Vertriebs- beziehungsweise Absatzrisiko) aus dem Cashflow separiert wurden. Ein Doppelansatz dieser Komponenten im Zinsänderungsrisiko wird vermieden.
Die in der Regel deutliche Reduzierung des Zinsbuch- Barwerts geht einher mit einer relativen Risikoerhöhung (Hebelausweitung), bei absoluter Risikoreduzierung (zum Beispiel barwertiger Verlust in Euro und BaFin- Zinsschock +200 BP).
Technische Unterstützung
Sofern die Datenbasis vollständige Informationen zu den oben aufgezeigten einzelnen Komponenten Liquibeitrag, Bruttomarge und Treasurybeitrag liefert, kann somit recht einfach eine Rückrechnung auf den innenzinsbasierten Zinsänderungsrisiko-Cashflow mittels Korrektur-Cashflows erfolgen. Hierbei unterstützt das von msg GillardonBSM entwickeltes Excel-Hilfstool, das die Daten aus den Detailergebnissichten der Ergebnisvorschaurechnung (EVR) aggregiert und in importierfähige Korrektur-Cashflows umwandelt.
Über den Import zweier Dateien aus dem Portal msg GillardonBSM (Detailergebnissichten LVS beziehungs- weise EVR) werden alle über die Datenbank zur Verfügung stehenden Komponenten bereitgestellt.
Besonderheiten aus Sicht der Datenversorgung werden über die Integration von Fondsinformationen5 sowie Korrekturwerte von offenen Zusagen oder impliziten Optionen für Sparkassen gelöst. Hierfür können weitere Hilfsdateien vom MBCF-Tool verarbeitet werden.
Den wesentlichen Anteil der Cashflow-Korrektur- Komponenten liefert das standardisierte Festzins- beziehungsweise variable Geschäft aus der Integrierten Zinsbuchsteuerung. Weitere Daten für offene Zusagen und implizite Optionen können mittels im Standard der Finanzinformatik bereitgestellter Dateien integriert werden. Zudem machen diese Positionen nur einen sehr kleinen Anteil am zinstragenden Geschäft und damit entsprechend an den Korrekturwerten aus. Der Anteil aus Rentenfonds ist sehr sparkassenindividuell hin- sichtlich des Volumens aber auch Integrationsweges zu bewerten. Relevant ist hierbei die Lieferstrecke bzw. die vorhandenen Daten. Die offene Schnittstelle des MBCF-Hilfstools kann die Sparkassen bei der Integration eines passenden Korrektur-Cash-Flows unterstützen.

Abbildung 4: Beispiel links: Zins-Risiko-Cashflow auf Basis des Außenzinses, rechts: innenzinsbasierter Zins-Risiko-Cashflow nach Saldierung mit Korrektur-Cashflows (vgl. Abb. 1-3)
Fazit und Ausblick
Die Nutzung eines margenbereinigten Cashflows für die Zinsänderungsrisikosteuerung ist mithilfe des MBCF- Tools sehr einfach möglich. Über die Integration entsprechender Korrekturdaten in den Risiko-Cashflow kann auf einen innenzinsbasierten Cashflow zurückgerechnet und so eine für das Zinsänderungsrisiko abgegrenzte Risikoberechnung vorgenommen werden. Eine Doppelberücksichtigung von Risikokomponenten im Zinsbuch wird vermieden. Insbesondere unterstützt dieses Konzept die Darstellung in der ökonomischen Risikotragfähigkeit getrennt nach den jeweiligen Risikoarten.

Abbildung 5: Startmaske des MBCF-Tools
Es ist betriebswirtschaftlich wichtig und aufsichtlich auch gefordert, eine ganzheitliche, konsistente Einbettung der innenzinsbasierten Risikomessung zu verfolgen. Daher sollte das neue Verfahren im Rahmen der Risikoinventur aufgegriffen werden, um die aufsichtlichen Anforderung an die ökonomische und normative Perspektive mit den strategischen Zielen und Maßnahmen institutsindividuell in Einklang zu bringen.

Abbildung 6: Cashflow-Komponenten Datenversorgung (exemplarisch)
Die Beschäftigung mit der fachlichen Umsetzung der neuen Risikotragfähigkeit im Jahr 2022 bietet hier eine gute Möglichkeit, Synergien zu heben. Die technische Lösung kann durch bereits implementierte offene Schnittstellen und/oder durch eine schnelle Anpassung auf zukünftige Änderungen in der Datenversorgung IDH zukunftsgerichtet bei Verfolgung des methodischen Ansatzes eingesetzt werden.
Im Rahmen eines weiteren Artikels werden wir die Einbindung in die neue Risikotragfähigkeit beleuchten und damit die Serie zum margenbereinigten Cashflow vervollständigen.
Quellen
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1. Interest Rate Risk in the Banking Book, vgl. EBA (19. Juli 2018): Guidelines on the management of interest rate risk arising from non-trading book activities
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2. Vgl. BaFin (2019): Rundschreiben 06/2019 (BA) – Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, 06.08.2019, GZ: BA 55-FR 2232-2019/0001, 2019/1731998
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3. SAKI, Finanzinformationen gemäß § 25 Absatz 1 Satz 1 KWG – Sonstige Angaben –, Anlage 3 (zu § 4 Absatz 1 Nummer 3), Meldezeile 435
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4. Margenbereinigter Cashflow in der Zinsbuchsteuerung, Bommelitz, Bachert, NEWS 01/2021, S. 20–21
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5. Sofern die enthaltenen Wertpapiere des Fonds im Sinne des Transparenzprinzip als Einzelgeschäfte in sDIS OSPlus vorhanden sind, stehen die benötigten Daten bereits über die Importdatei aus der EVR-Detail-Ergebnissicht zur Verfügung
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