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Krisenbedingte Restrukturierung – Umsetzung der EBA Guideline 2016/07 mit MARZIPAN

Ein Blick auf die EBA Guideline 2016/07 und die Umsetzung in MARZIPAN

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Für die Zwecke der Unwahrscheinlichkeit des Begleichens der Verbindlichkeiten im Sinne von Artikel 178 Absatz 3 Buchstabe d (…) sollte eine krisenbedingte Restrukturierung als eingetreten betrachtet werden, wenn gegenüber einem Schuldner, der Schwierigkeiten hat, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, oder kurz vor solchen Schwierigkeiten steht, (…) Zugeständnisse eingeräumt werden.

EBA Guideline 2016/07 Ziffer 49

Unlikeliness to Pay

Eine Vertiefung des Artikel 178 Absatz 3 CRR liefert die EBA Guideline 2016/07 mit Umsetzungsfrist 01.01.2021. Im Wesentlichen wird im Kontext des „Unlikeliness to Pay“ bei einer Sanierung bzw. Restrukturierung auf drei Punkte eingegangen:

  • Präzisierung des Tatbestands des „Unlikeliness to Pay“ aus Artikel 178 Absatz 3 CRR
  • Definition von zusätzlichen Indikatoren für eine unwahrscheinliche Rückzahlung
  • Formulierung von Anforderungen an die Governance-Prozesse

In der Präzisierung des Tatbestands des „Unlikeliness to Pay“ geht die Guideline auf einen bedeutenden Erlass oder eine Stundung einer Risikoposition ein. Demnach ist der Schuldner der Risikoposition als ausgefallen einzustufen, wenn die positive Nettobarwertdifferenz (Nettobarwert NPV) der Zahlungsströme vor und nach der Restrukturierungsmaßnahme bezogen auf den ursprünglichen NPV mehr als 1 % (= Schwellwert) beträgt. Die konkrete mathematische Formel dazu gibt die EBA in der Guideline Ziffer 51 vor:

  • Verringerte finanzielle Verpflichtung = (〖NPV〗_0-〖NPV〗_1)/〖NPV〗_0

Die zu berechnende „verringerte finanzielle Verpflichtung“ stellt den Vergleichswert dar, der dem Schwellwert in Höhe von 1% gegenüberzustellen ist. Der Division zugrunde liegen die Barwerte der gemäß den vertraglichen Verpflichtungen zu erwartenden Zahlungsströme der Risikoposition – jeweils vor und nach Restrukturierung. Beide Barwerte sind mit dem Diskontsatz des ursprünglichen Effektivzinssatzes des Darlehens zu bilden. Sofern der 1-%-Schwellwert des barwertigen Verlustes überschritten wird, ist die Risikoposition als ausgefallen anzusehen.

Weitere qualitative Indikatoren und Hinweise

Auch bei einer Unterschreitung des quantitativen Schwellwerts von 1 % ist die Risikoposition auf weitere qualitative Indikatoren und Hinweise zu prüfen. Die Prüfung zielt insbesondere auf die Liquidität und auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers ab. Die von der EBA explizit genannten zusätzlichen Indikatoren sind:

  • Ballonraten am Ende des Rückzahlungsplans.
  • Ein unregelmäßiger Rückzahlungsplan, nach dem zu Beginn des Rückzahlungsplans erheblich niedrigere Zahlungen vorgesehen sind.
  • Eine erhebliche Nachfrist zu Beginn des Rückzahlungsplans.
  • Eine Risikoposition, die mehr als einmal Gegenstand einer krisenbedingten Restrukturierung war.

Darüber hinaus fordert die EBA-Richtlinie die Banken und Sparkassen explizit dazu auf, weitere institutsspezifische Indikatoren für den Tatbestand des „Unlikeliness to Pay“ selbst zu definieren.

Anpassung der Governance-Prozesse

Die Forderung der Guideline, die Governance-Prozesse in den Banken und Sparkassen anzupassen und gegebenenfalls zu erweitern, ist sachlogisch. Interne Kontrollsysteme stellen ein maßgebliches Steuerungsinstrument dar. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass erhebliche wirtschaftliche Schäden durch die Implementierung effektiver Kontrollen verhindert werden können. Daher sollen und können von den Instituten Synergieeffekte und Schnittstellen zu dem bereits bestehenden internen Frühwarnsystem genutzt und sowie weitere angemessene Mechanismen und Prozesse angewendet und implementiert werden.

Zusammenfassend fordert die EBA mit der Konkretisierung des Artikels 178 CRR klar und deutlich, wie der Umgang mit einer zeitnahen Feststellung des Ausfallstatus einer Risikopositionen zu erfolgen hat. Ab dem 01.01.2021 muss in KSA- und IRBA-Instituten zwingend geprüft werden, ob der quantitative Schwellwert überschritten wurde oder weitere qualitative Tatbestände des „Unlikeliness to Pay“ vorliegen.

Schlagwörter der EBA hierfür sind: Zeitnahe, regelmäßige und unverzügliche Prozesse zur Erkennung eines Ausfalls.

Diese Anforderungen gewinnen aktuell erheblich an Bedeutung aufgrund den zu erwartenden Folgen der Corona-Pandemie. Es ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Monaten und Jahren Kundengespräche zu Restrukturierungen oder Sanierungen stark zunehmen. Wir empfehlen daher ausdrücklich, frühzeitig auf zertifizierte und revisionssichere Softwarelösungen zu setzen, um die Anforderungen der Aufsicht an effiziente Prozesse zu erfüllen und die steigende Anzahl der Restrukturierungen und Sanierungen zu bewältigen.

Unsere Lösung

msg GillardonBSM hat den Tatbestand des „Unlikeliness to Pay“ in die Standardsoftware MARZIPAN integriert. In der Leistungsstufe KAPLAN Restrukturierung (RE) erfolgt die Berechnung der „verringerten finanziellen Verpflichtung“ und damit die quantitative Prüfung anhand des Schwellwertes.

Wir unterstützen Sie gerne dabei, die EBA Guideline in Ihrem Institut umzusetzen und krisenbedingte Restrukturierungen softwaregestützt exakt und transparent zu kalkulieren. Sprechen Sie uns darauf an!

Mehr Infos zu MARZIPAN

Weitere Information zur Standardsoftware MARZIPAN und zur Leistungsstufe KAPLAN finden Sie auf unserer Homepage.

Quelle
Sandra Danner

Sandra Danner

ist Master Professional of Business Management und bei msg for banking auf die strategische Beratung, Konzeption und Projektleitung spezialisiert. Ihr Fokus liegt auf der Themenentwicklung für Geschäftsprozessanalyse im kalkulatorischen und regulatorischen Umfeld, sowie Risikomanagement und Banksteuerung. Sie berät Banken zu diesen Themen und ist erfahrene Fachautorin und Referentin.

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