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CRR III – Neuregelungen für außerbilanzielle Positionen

Die überarbeitete CRR III bringt einschneidende Änderungen für IRBA-Institute bei der Schätzung des Konversionsfaktors (CCF) mit sich: Künftig ist die eigene Schätzung nur noch für revolvierende Forderungen zulässig. Für nicht revolvierende Forderungen ist stattdessen der Standardansatz mit einem pauschalen CCF von 40 % anzuwenden – was zahlreiche bestehende CCF-Modelle obsolet macht und eine strategische Neuausrichtung im Kreditrisikomanagement erfordert.

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CRR III - der neue IRBA

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Weniger CCF im IRBA: Eigene Schätzung nur noch für revolvierende Forderungen

Die Überarbeitung der Capital Requirements Regulation (sog. CRR III)1 ist seit dem 1. Januar 2025 in Kraft. Keine Übergangsregelung gibt es für den neu eingefügten Absatz 8b im Artikel 166: Dieser schränkt die Anwendung von Modellen für Konversionsfaktoren (CCF) auf revolvierende Forderungen ein. Was bedeutet das?

Außerbilanzielle Verpflichtungen

Für vertragliche Zusagen wie Kreditverträge mit verzögerter und schrittweiser Auszahlung haben IRBA-Institute, die nicht nur die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), sondern auch Inanspruchnahme (CCF) und Verlusthöhe (LGD) selbst schätzen durften, typischerweise eigene CCF-Modelle im Einsatz. CCF-Modelle prognostizieren den Anteil des zugesagten Betrags, der ggf. im Ausfall an den Kunden herausgelegt wird. Insbesondere im Mengengeschäft sind LGD und CCF immer vom Institut selbst zu schätzen.

Erfahrungsgemäß basieren CCF-Modelle für nicht revolvierende vertragliche Zusagen auf wenigen Datenpunkten, da die beobachteten Forderungen, die die Entwicklungsdaten für solche Modelle bilden, sowohl ausgefallen sein als auch zuvor eine offene Zusage gehabt haben müssen. Aufgrund der sich aus kleinen Stückzahlen ergebenden Modellunsicherheiten hat die Aufsicht bisher oft auf die Notlösung gedrängt, einen einheitlichen konstanten CCF von 100 % anzusetzen, obwohl die beobachteten Werte im Mittel deutlich niedriger liegen.

CRR III – 360° View

Die Änderungen der CRR III betreffen alle Kreditinstitute und sämtliche Risikoarten und wirken sich weitreichend auf die Gesamtbanksteuerung aus. Wir stellen Ihnen die wesentlichen Anpassungen sowie Themenfelder vor, in denen zeitnah ein Handlungsbedarf besteht.

CCF-Modelle nur für revolvierende Forderungen

Die überarbeitete CRR schränkt die eigene Schätzung des CCF generell auf revolvierende Forderungen ein (Art. 166 Absatz 8b).

Für IRBA-Institute, die bisher den CCF für nicht revolvierende Forderungen selbst geschätzt haben, verweist die CRR auf den „SA-CCF“, also den Standardansatz für die CCF-Bestimmung, aus dem sich für diese Zusagen ein einheitlicher CCF von 40 % ergibt.

Für revolvierende Zusagen, also offene Teile von Rahmenkrediten, Kreditkartenlimiten und eingeräumten Dispositionsrahmen auf Girokonten, sind CCF-Modelle weiterhin vorgesehen.

Auswirkungen der CRR III auf non-retail CCF-Modelle im IRBA

Für Großunternehmen (gemäß Artikel 142 Absatz 5a, außer Spezialfinanzierungen) und Institute ist zukünftig eine CCF-Schätzung im IRBA generell nicht mehr möglich.

Absatz 8 des Artikels 151 sieht für diese Segmente auch keine eigene LGD-Schätzung mehr vor. Das bedeutet insbesondere für die Forderungsklasse Unternehmen, dass aus der bisherigen Anwendung von internen CCF-Modellen seit Januar 2025 die Forderungen gegenüber Großunternehmen herausfallen. Wenn dann auch noch der CCF für die nicht-revolvierenden vertraglichen Zusagen nicht mehr durch ein internes Modell geschätzt werden darf, ist möglicherweise der Anwendungsbereich eines vorhandenen CCF-Modells sehr klein geworden. Welche Konsequenzen kann ein IRBA-Institut ziehen?

Gibt es beispielsweise bisher ein Modell für den CCF von Unternehmensforderungen, das revolvierende Forderungen nur als Spezialfall „mitbehandelt“, entfällt durch die Neuregelungen die Grundlage für dieses Modell, da für nicht revolvierende und Forderungen gegenüber Großunternehmen die eigene CCF-Schätzung entfällt. Je nach Bedeutung und Größe des verbleibenden revolvierenden Teils der Unternehmensforderungen kommt hier ein Wechsel in den F-IRBA in Frage, entweder für die gesamte Forderungsklasse Unternehmen oder nur mit der „Risikopositionsart“ revolvierende Unternehmensforderungen.

Eine Verpflichtung, einheitlich den A-IRBA mit eigener Schätzung von LGD und CCF für alle Forderungsklassen im IRBA anzuwenden, lässt sich aus der CRR nicht ableiten (siehe auch Artikel 151 Absätze 8 und 9.). Vielmehr legt schon bisher Artikel 149 im Absatz 2 fest, dass mit einzelnen Forderungsklassen oder Risikopositionsarten (gemäß Artikel 142 Absatz 2) bei Erfüllung entsprechender Voraussetzungen ein Wechsel aus dem A-IRBA zurück in den F-IRBA mit vorgegebenen CCF- (und LGD-) Werten möglich ist.

Standardansatz: 40 % CCF für vertragliche Zusagen und 10 % CCF für offene Limite

Vertragliche Zusagen werden gemäß CRR III Annex I nicht mehr nach Laufzeit unterschieden, sondern fallen in den Bucket 3, der in Verbindung mit Art. 111 Abs. 2 jetzt zu einem einheitlichen CFF von 40 % für nicht kündbare vertragliche Verpflichtungen führt. Vergleicht man das mit dem vorherigen laufzeitabhängigen Mix aus 20 % für Laufzeiten bis 12 Monaten und 50 % für Laufzeiten darüber, ergibt sich auch für die nicht kündbaren vertraglichen Zusagen in der Regel ein Anstieg.

Ungenutzte Limite und Rahmen von revolvierenden Forderungen sind i.d.R. jederzeit kündbar und müssen nach bisheriger Regelung im Kreditrisikostandardansatz (KSA) überhaupt nicht mit Eigenmitteln unterlegt werden. Dies ändert sich ab 2030. Gemäß Übergangsregelung (CRR Artikel 495d) steigt der CCF für jederzeit kündbare Zusagen dann bis 2033 auf 10 %. Damit entfällt ein Vorteil des KSA gegenüber dem IRBA insbesondere im Mengengeschäft, und die Höhe von Limiten und Kreditlinien wird in den Instituten zu einem eigenmittelrelevanten Aspekt.

Da aufgrund des Output Floors auch IRBA-Häuser den KSA rechnen müssen, erhöht sich der Druck, dauerhaft ungenutzte Limite zu reduzieren, um die zusätzlichen Eigenmittelanforderungen zu begrenzen.

Auswirkungen und Fazit

Für Institute, die den CCF im IRBA selbst schätzen, ergeben sich durch die CRR III einige Änderungen. Einen positiven Effekt wird i.d.R. der Wegfall der Anwendung von CCF-Modellen für vertragliche Zusagen bei nicht revolvierenden Forderungen haben, nicht nur durch eine (geringfügige) Reduktion der Eigenmittelanforderungen, sondern auch durch entfallende Aufwände für Modellpflege und -validierung.

Erhöhend auf die Eigenmittelanforderungen wirken sich die Änderungen am SA-CCF aus. Für offene Limite und Rahmen wird nach Ende der Übergangsphase eine Eigenmittelunterlegung fällig, die im Mengengeschäft und für Spezialinstitute durchaus erheblich sein kann, und sich durch den Output Floor auch für IRBA-Institute bemerkbar machen wird. Wir erwarten daher, dass eine aktive Limitsteuerung – etwa durch ML- oder KI-Verfahren – zum Marktstandard werden wird.

msg for banking ist Ihr erfahrener Partner bei verschiedensten Projekten rund um ICAAP und IRBA. Da die Auswirkungen neuer regulatorischer Vorgaben auch in der Kapitalplanung zu beachten sind, sollte jedes Institut die Kapitalanforderungen der kommenden Jahre unter Berücksichtigung der CRR III und ihrer Übergangsregelungen zeitnah ermitteln und die Auswirkungen der neuen Regeln bewerten – eine gute Gelegenheit, um alternative Vorgehensweisen durchzurechnen.

Quelle
Manfred Puckhaber

Manfred Puckhaber

ist bei msg for banking im Bereich Financial Risk & Analytics als Experte für Kreditrisiko und Parameterschätzung in Kredit- und Finanzinstituten tätig. Davor hat er über 20 Jahre die Verfahren zur Einstufung der Kreditrisiken von lebenden und ausgefallenen Portfolien optimiert und validiert. Seine Expertise besteht insbesondere in der Verbindung der Statistik mit der betriebswirtschaftlichen Optimierung der Prozesse von der Herauslage über die Kundenpflege bis zur Rückzahlung oder dem etwaigen Forderungsmanagement, unter Beachtung der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

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