Blogpost

Der digitale Euro: Herausforderungen und Chancen für das Treasury-Management einer Bank

Der digitale Euro nimmt Fahrt auf. Als Ansprechpartner und Know-how-Träger im Bereich Digital Money & CBDCs der EZB beleuchten wir in diesem Blogbeitrag die aktuelle Entwicklung des digitalen Euros und die damit einhergehenden Herausforderungen für das Treasury-Management im Bankensektor.

250
5 Minuten Lesezeit
Blogbeitrag, der digitale Euro

In dieser Collection enthalten:

Collection öffnen

Einführung

Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt die Einführung des digitalen Euros voran, um die europäische Wirtschaft an die digitale Realität anzupassen und die monetäre Souveränität Europas zu sichern.

Während diese Innovation sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnet, birgt sie erhebliche Herausforderungen für das Bankwesen. Insbesondere das Bank-Treasury muss sich auf tiefgreifende strukturelle und regulatorische Veränderungen einstellen.

Dieser Blogbeitrag beleuchtet die aktuelle Situation des digitalen Euros, zeigt die wesentlichen Herausforderungen für den Bankensektor auf und skizziert, welche Unterstützung für diese Transformation möglich ist.

Der digitale Euro – die aktuelle Situation

Die EZB sieht den digitalen Euro als Ergänzung zum Bargeld. Verbraucher und Unternehmen könnten in Zukunft direkt auf digitales Zentralbankgeld zugreifen, was die Transaktionskosten senkt und den Zahlungsverkehr beschleunigt.

Die EZB hat jedoch signalisiert, dass der digitale Euro mit Begrenzungen eingeführt werden könnte – etwa durch Limits für Einlagen oder Negativzinsen –, um eine Destabilisierung der Banken zu vermeiden.

Welcher Zeitplan für die Einführung des digitalen Euro durch die EZB vorgesehen ist, haben wir in einer Übersicht dargestellt.

der digitale Euro, Zeitplan und Meilensteine

Abbildung 1: Zeitplan der EZB zur Einführung des Digitalen Euro (zum Vergrößern bitte anklicken)

Aus dem Zeitplan geht hervor, dass zum aktuellen Zeitpunkt (Januar 2025) die Vorbereitungsphase läuft. Die geplante Einführung hat jedoch weitreichende Implikationen, insbesondere für das Bank-Treasury, das eine Schlüsselrolle bei der Sicherstellung der Liquidität und Stabilität einer Bank spielt.

Mit Blick auf die Zeitplanung ist es daher umso wichtiger, sich bereits frühzeitig mit möglichen Folgen für das Bank-Treasury zu beschäftigen.

Herausforderungen für das Treasury: Ein Überblick

Veränderung in der Liquiditätssteuerung und Risiko von Einlagenabflüssen

Ein zentrales Risiko des digitalen Euros liegt in potenziellen Abflüssen von Kundeneinlagen. Banken nutzen Einlagen, besonders Sichteinlagen, traditionell als günstige Refinanzierungsquelle.

Der digitale Euro könnte dazu führen, dass Kunden Gelder aus Bankeinlagen in digitales Zentralbankgeld umschichten. Dies erschwert die Liquiditätssteuerung erheblich.

  • Volatilität: Einlagen könnten kurzfristig abgezogen werden, insbesondere in Krisenzeiten. Auch wenn seitens der Zentralbank ein personenbezogenes Betragslimit von 3.000 Euro angedacht ist, kann sich das – je nach finaler Ausgestaltung – in der Summe der Abflüsse massiv auf die Liquiditätsplanung der Banken auswirken.
  • Höhere Refinanzierungskosten: Banken müssten auf teurere Finanzierungsquellen zurückgreifen, wie Interbankenmärkte oder Anleihen. Innovative Ansätze können hier erhebliche Wettbewerbsvorteile erbringen.
  • Liquiditätsplanung: Treasury-Abteilungen müssten neue Strategien entwickeln, um die Liquiditätsreserven stabil zu halten. Inwieweit eine Bank betroffen sein wird, ist sowohl von der Kundenstruktur des jeweiligen Hauses wie auch der finalen Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch das EU Parlament abhängig.

Verlust von Zinseinnahmen und geringere Zinsmargen

Einlagen sind nicht nur eine Refinanzierungsquelle, sondern auch ein zentraler Treiber der Zinseinnahmen. Mit einem Abfluss von zinsgünstigen Sichteinlagen zugunsten digitaler-Euro-Wallets droht den Banken ein nachhaltig negativer Einfluss auf die Gesamtzinsmarge. Der Bedarf an innovativen Lösungen für das Liquiditätsmanagement, um limitierte Ertragsmöglichkeiten auszugleichen, wird sich erhöhen.

  • Weniger Zinseinnahmen: Die Bilanz der Banken schrumpft, was die Erträge aus Krediten und Anlagen reduziert.
  • Steigende Einlagenzinsen: Banken könnten gezwungen sein, höhere Zinsen anzubieten, um Einlagen zu halten, was die Zinsmargen weiter drückt.

Bilanz- und Risikomanagement: Neue Herausforderungen

Für das Bank-Treasury ist die Steuerung der Bilanzstruktur essenziell. Der digitale Euro verändert die Verhältnisse zwischen Aktiva und Passiva:

  • Volatilität der Passiva: Kundeneinlagen, die bisher stabil waren, könnten durch volatilere digitale Euros ersetzt werden.
  • Liquiditätspuffer: Banken müssten größere Liquiditätsreserven vorhalten, um plötzliche Abflüsse auszugleichen.
  • Kreditvergabe: Einlagenabflüsse könnten die Kreditvergabe einschränken und so das Geschäftsmodell vieler Banken gefährden.

Steigende Volatilität auf den Geldmärkten

Der digitale Euro könnte die Geldmärkte insgesamt volatiler machen:

  • Kurzfristige Schwankungen: Kunden könnten Gelder flexibel umschichten, was die Berechenbarkeit von Geldströmen erschwert.
  • Höhere Refinanzierungsrisiken: Es besteht die Gefahr, dass neue geldpolitische Instrumente der EZB die Refinanzierungskosten für Banken erhöhen.

Neue regulatorische Anforderungen

Die Einführung des digitalen Euros bringt umfangreiche regulatorische Veränderungen mit sich.

  • Meldepflichten: Transaktionen mit dem digitalen Euro erfordern eine präzisere Überwachung und Berichterstattung.
  • Kapitalanforderungen: Strengere regulatorische Anforderungen könnten notwendig werden, um Liquiditäts- und Kapitalrisiken zu adressieren.
  • Compliance: Banken müssen Mechanismen zur Geldwäscheprävention und zur Einhaltung der neuen Regeln implementieren.

Technische und operative Anpassungen

Die Integration des digitalen Euros stellt hohe Anforderungen an die technischen Systeme der Banken.

  • Systemintegration: Treasury-Management-Systeme müssen angepasst werden, um digitale Euros effizient abzuwickeln.
  • Interoperabilität: Datenflüsse zwischen Banken, der EZB und anderen Marktteilnehmern müssen reibungslos funktionieren.
  • Datenauswertung: Die Analyse von Transaktionsdaten wird zentralisiert, um Liquiditätsströme besser zu verstehen.

Wettbewerb durch FinTechs und neue Akteure – Innovation gefordert

Mit dem digitalen Euro könnten FinTechs und Nicht-Banken Marktanteile im Zahlungsverkehr gewinnen. Diese Akteure bieten oft innovative und günstige Lösungen, die den Wettbewerb verschärfen.

Banken müssen ihre Treasury- und Zahlungsverkehrsstrategien überdenken und gegebenenfalls kurzfristig anpassen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Entsprechend verweist auch der Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission auf potenzielle Bankerträge aus innovativen Diensten, die Banken im Zusammenhang mit dem digitalen Euro anbieten können.1

Grenzüberschreitende Auswirkungen und Projekt Meridian

Der digitale Euro wird auch im internationalen Zahlungsverkehr eine Rolle spielen, etwa durch Projekte wie Meridian (mit der Bank of England), das grenzüberschreitende Peer-to-Peer-Zahlungen und Währungstausch erleichtert.

Für Banken ergeben sich neue Chancen, aber auch Herausforderungen, etwa in der Harmonisierung regulatorischer Anforderungen und der Abwicklung von Währungsrisiken.

Fazit: Balance zwischen Chancen und Risiken

Der digitale Euro ist eine bahnbrechende Innovation, die tiefgreifende Auswirkungen auf das Bank Treasury haben wird.

Während erhebliche Herausforderungen – von Einlagenabflüssen bis hin zu regulatorischen Anforderungen – bestehen, eröffnet der digitale Euro auch neue Möglichkeiten und Opportunitäten, etwa durch effizientere Prozesse, neue Produktangebote und vereinfachte grenzüberschreitende Zahlungen.

Das Treasury-Management der Banken muss sich jedoch strategisch, operativ und technologisch auf diese Transformation vorbereiten.

Joerg Isselmann

Jörg Isselmann

betreut bei msg for banking Kreditinstitute in Projekten zu den Themen Bank- und Risikosteuerung (insbesondere Eigengeschäftssteuerung und strategische Fragestellungen) sowie den zugehörigen aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Er verfügt über langjährige Praxiserfahrung in globalen Führungspositionen bei Banken und Börsen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Sie müssen sich anmelden, um einen Kommentar zu schreiben.