Naturkatastrophenrisiko: Auswirkungen von steigenden ESG-Risiken auf die Banken- und Versicherungswirtschaft
Steigende ESG-Risiken durch globale Erwärmung Die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen führt zu steigenden Risiken für die Finanz- und Versicherungsbranche. Der jüngste Artikel im BaFin Journal vom 21.05.2024 bringt interessante, aber auch besorgniserregende Fakten im Kontext von ESG-Risiken auf.
- Zunehmende Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen führen zu steigenden Risiken
- Anstieg der Schadenaufwände und Rückversicherungskosten
- Solvabilität und Risikokapitalanforderungen
- Maßnahmen zur Risikoreduzierung sind anzupassen
- Auswirkungen auf Banken und deren Kreditportfolio
- Komplexität und Herausforderung bei der Berücksichtigung von ESG-Risiken
In dieser Collection enthalten:
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Zunehmende Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen führen zu steigenden Risiken
Der jüngste Artikel im BaFin-Journal vom 21.05.2024 bringt interessante, aber auch besorgniserregende Fakten für die Finanzbranche im Kontext von ESG-Risiken auf.
Die Ereignisse im Sommer 2021, als ein Starkregen im Westen Deutschlands verheerende Schäden anrichtete, verdeutlichen die Dringlichkeit der Problematik der globalen Erwärmung auch in Deutschland. Die Problematik wird durch eine Auswertung des Deutschen Wetterdienstes deutlich, denn diese zeigt, dass die Niederschlagsmengen in Deutschland in den letzten 10 Jahren stark zugenommen haben.
Quelle: https://www.dwd.de/DE/leistungen/klimakartendeutschland/klimakartendeutschland.html?nn=480164
Die BaFin hat in einer aktuellen Umfrage unter 176 Erst- und Rückversicherern festgestellt, dass diese Ereignisse die Versicherungswirtschaft vor große Herausforderungen stellen. Die zunehmenden E(SG)-Risiken erfordern neue Maßnahmen im Risikomanagement, um den durch die Risiken steigenden Schäden und Kosten entgegenzuwirken. Auch für Kreditinstitute sollten diese Ergebnisse alarmierend sein, da die Versicherer durch die Versicherungsleistungen Schäden von den Sicherheitswerten abwenden und so als Brandmauer zwischen Risikoereignissen und Schadensfällen fungieren.
Anstieg der Schadenaufwände und Rückversicherungskosten
Die Analyse der BaFin zeigt, dass der Schadenaufwand durch das Starkregenereignis „Bernd“ im Sommer 2021 weiter angestiegen ist. Sowohl Erst- als auch Rückversicherer haben eine Zunahme der Belastungen verzeichnet, die auf die Komplexität der Schäden und die Inflation zurückzuführen ist. Gleichzeitig sind die Kosten für Rückversicherungsschutz erheblich gestiegen, was die Versicherer dazu zwingt, angemessene Prämien zu berechnen und ihre Rückversicherungsstruktur zu optimieren.
Quelle: eigene Darstellung
Solvabilität und Risikokapitalanforderungen
Die Analyse der BaFin zeigt, dass das Risikokapital gemäß Solvency-II-Standardformel auf Gesamtebene ausreichend war. Einige Versicherer hatten jedoch Nettoschadenaufwendungen, die über dem erforderlichen Risikokapital lagen. Dabei hatten Unternehmen mit geringer geografischer Diversifikation eine besonders hohe Betroffenheit und sollten ihre Risikobewertungen überprüfen sowie bei Bedarf anpassen.
Auch diese Erkenntnisse sollten von Instituten eingeordnet werden. Insbesondere für regional verankerte Institute können lokal auftretende Naturkatastrophen deutlich auf das Kreditportfolio und die darin enthaltenen Sicherheiten wirken.
Maßnahmen zur Risikoreduzierung sind anzupassen
Im Zuge des ORSA-Prozesses (Own Risk and Solvency Assessment) wird von Versicherern daher bereits erwartet, dass sie eigene Naturgefahrenmodelle entwickeln, um das tatsächliche Risiko genauer darzustellen und den regulatorischen Vorgaben gerecht zu werden. Die Aufsichtsbehörden fordern daher von Versicherungsunternehmen, ihre Naturgefahrenmodelle regelmäßig zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie den aktuellen Klimabedingungen entsprechen.
Um den steigenden E(SG)-Risiken zu begegnen, können Versicherer verschiedene Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören die Erhöhung der geografischen Diversifikation und der Produktvielfalt, die Anpassung der Rückversicherungsstruktur oder die Verwendung eines (partiellen) internen Modells. Gelingt es nicht, signifikante Abweichungen zwischen Standardformel und tatsächlichem Risiko zu reduzieren, kann die BaFin Risikokapitalaufschläge verhängen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Stabilität der Versicherungsbranche angesichts zunehmender Naturkatastrophen zu gewährleisten.
Auswirkungen auf Banken und deren Kreditportfolio
Steigende E(SG)-Risiken und die Zunahme von Naturkatastrophen haben auch erhebliche Auswirkungen auf Banken und deren Kreditportfolios. Wenn Versicherer das Risiko von Naturkatastrophen nicht mehr tragen können und Versicherungen für Hochrisikogebiete nicht mehr anbieten, kann dies zu erhöhten Risiken in den Kreditportfolios der Banken führen. Ohne ausreichenden Versicherungsschutz und gleichzeitigem Ausfall von Kreditnehmern bei Naturkatastrophen, werden die Kreditausfälle deutlich ansteigen. Auch die Kreditsicherheiten der Banken sind von den Auswirkungen betroffen. Gerade in Risikogebieten wird sich der Trend zeigen, dass regionale Banken weniger Sicherheiten haben werden, da aufgrund der immer öfter auftretenden Naturkatastrophen Grundstücke und Immobilien stark an Wert verlieren. Zudem akzeptieren die Banken aufgrund von mangelnden Versicherungen keine Sicherheiten mehr. Die Abnahme von Sicherheiten im Kreditportfolio führt zu einer Verschlechterung der risikogewichteten Aktiva und letztlich zu einem erhöhten Risikokapital.
Banken müssen daher die Risikofaktoren aus E(SG) genau kennen, erkennen und geeignete Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören:
- Risikobewertung und -überwachung: Banken sollten regelmäßig die E(SG)-Risiken ihrer Kreditnehmer im Rahmen des Klimarisikostresstests überprüfen und deren Exposition gegenüber Naturkatastrophen bewerten.
- Anpassung des Risikoklassifizierungsverfahrens: Die Risiken eines Kreditengagements sollten unter angemessener Berücksichtigung der ESG-Risiken mithilfe von Risikoklassifizierungsverfahren bewertet werden. Hierbei kann ein ESG-Scoring eingesetzt werden, was als Frühwarnsystem für Kreditrisiken dient.
- Strategische Ausrichtung: Zur Bekämpfung des Klimawandels ist es notwendig, die strategische Ausrichtung im Hinblick auf Investitionen in nachhaltige Projekte und Technologien zu prüfen. Dabei sollte die Entscheidung über die strategische Ausrichtung auch auf Basis des (Kredit-)Risikoappetit erfolgen. In Verbindung mit den durchgeführten Szenarioanalysen und dem angepassten Risikoklassifizierungsverfahren sollten die Institute bestimmen, welche Investitionen mit ihrem (Kredit-)Risikoappetit vereinbar sind.
- Überwachung und Steuerung von ESG-Risiken: Zur Überwachung und gezielten Steuerung von ESG-Risiken sollten Frühwarnindikatoren, wie KPIs (Key Performance Indicators) und KRIs (Key Risk Indicators), eingesetzt werden. Mit ihrer Hilfe können potenzielle Risiken identifiziert und die strategische Ausrichtung kontinuierlich revidiert werden.
- Zusammenarbeit mit Versicherern: Banken sollten eng mit Versicherern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Kreditnehmer ausreichend versichert sind und potenzielle Schäden gedeckt werden können. Zudem bietet die Zusammenarbeit mit Versicherern ein erhebliches vertriebliches Potenzial für Banken, was schlussfolgernd zu Mehrertrag führen kann.
Komplexität und Herausforderung bei der Berücksichtigung von E(SG)-Risiken
E(SG)-Risiken im Risikomanagement zu berücksichtigen, stellt Institute vor nicht zu unterschätzenden Herausforderungen. Da es heute noch wenige Daten gibt, um diese umfassend in das Risikomanagement einzubeziehen ist eine zukunftsorientierte Betrachtung notwendig. Dabei ist es unerlässlich, sich mit der Existenz und den Auswirkungen von E(SG)-Risiken zu beschäftigen, sie zu verstehen und folgerichtig ins Risikomanagement zu integrieren, sodass eine Stabilität der Finanzmärkte gewährleistet werden kann.
Wie wir Sie dabei unterstützen können
Mit unserer langjährigen Projekterfahrung aus den unterschiedlichsten Bankengruppen sowie dem Know-how der msg in der Versicherungsbranche begleiten wir Sie von der Identifikation der Risken mit unserer ESG-Risikoinventur, der Datenbeschaffung, der Ableitung von Implikationen für Ihr Institut und der anschließenden Konzeption spezifischer ESG Stresstest-Szenarien und deren Integration in den ICAAP (ökonomisch und normativ). Ergänzend verfügen wir mit unseren Softwarelösungen für Pricing, Meldewesen und Risikomanagement nicht nur über das relevante Fach-Know-how, sondern können die regulatorischen Anforderungen auch direkt in der Software umsetzen.
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