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Rekalibrierung der IRRBB-Zinsschocks – BCBS hat das finale Papier veröffentlicht

Dieser Artikel beschreibt das vom Baseler Ausschuss am 16.07.2024 final veröffentlichte Papier zur Rekalibrierung der IRRBB-Zinsschocks und analysiert sowohl die vorgeschlagenen methodischen Anpassungen als auch die Ergebnisse der Rekalibrierung.

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Rekalibrierung, Zinsschock, finales Papier des BCBS

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Abstract

Der vorliegende Artikel beschreibt das vom Baseler Ausschuss am 16. Juli 2024 nach einer Konsultationsphase final veröffentlichte Papier zur Rekalibrierung der IRRBB-Zinsschocks1. Er beschäftigt sich sowohl mit den vorgeschlagenen methodischen Anpassungen als auch mit den Ergebnissen der Rekalibrierung.

Ausgangssituation

Der Baseler Ausschuss hat im April 2016 eine damals grundlegend überarbeitete Fassung seiner IRRBB-Leitlinien veröffentlicht2. Dieses Dokument enthielt erstmalig die Definition und Kalibrierung von sechs währungsabhängigen Zinsschockszenarien.

Diese von der Aufsicht standardisierten Szenarien bilden für die 21 weltweit wichtigsten Währungen sowohl Parallelverschiebungen als auch Verdrehungen der Zinskurve ab. Sie wurden in den Folgejahren weltweit von vielen Regulierungsinstanzen in die Anforderungen zur Messung des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch (IRRBB) übernommen, so auch von der EBA und allen nationalen Aufsichtsinstanzen in der EU. Die EBA hat die Baseler Vorgaben 2018 um Parameter für sieben weitere europäische Währungen ergänzt.

Alle Banken in der EU müssen für die wesentlichen Währungen in ihrem Anlagebuch regelmäßig die Auswirkungen dieser Szenarien auf ihre Zinsrisikopositionen berechnen. Sie müssen mit dem neuen IRRBB-Meldewesen vierteljährlich die Ergebnisse der Risikosimulationen für alle sechs Szenarien in der ökonomischen Perspektive3 und für die beiden Parallel-Szenarien in der ertragsorientierten Perspektive4 an die Aufsicht melden.

Zinsschock-Parameter

Die sechs IRRBB-Zinsszenarien ergeben sich je Währung aus den drei Parametern „parallel“, „short rate“ und „long rate“, mit denen auf Basis von einfachen vorgegebenen Formeln die Zinsszenarien „parallel shock up“, „parallel shock down“, „steepener shock“, „flattener shock“, „short rates shock up“ und „short rates shock down“ für alle Laufzeiten einer Zinskurve berechnet werden können.

Diese drei Parameter wurden vom Baseler Ausschuss je Währung aus einer Zinshistorie der 16 Jahre von Anfang 2000 bis Ende 2015 hergeleitet. Der Baseler Ausschuss hat bereits 2016 betont, dass er die IRRBB-Szenarien regelmäßig überprüfen würde.

Methodische Anpassungen

Für die erstmalige Rekalibrierung der IRRBB-Szenarien hat der Baseler Ausschuss am 16. Juli 2024 nach einer Konsultationsphase ein Papier in finaler Version veröffentlicht, in dem er eine geänderte Methode zur Berechnung der Parameter für die Zinsszenarien vorschlägt. Die vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich im Wesentlichen auf vier Aspekte:

  1. Die betrachtete Zeitreihe wurde von 16 auf 24 Jahre verlängert und umfasst jetzt den Zeitraum von Anfang 2000 bis Ende 20235.
  2. Die Parameter werden auf Basis absoluter Zinsänderungen ermittelt und nicht mehr auf Basis relativer Zinsänderungen.
  3. Sie werden aus einem 99,9-%-Quantil abgeleitet und nicht mehr aus einem 99,0-%-Quantil.
  4. Die errechneten Schockparameter werden für jede Währung individuell angewendet, während sie bisher in globale währungsübergreifende Faktoren umgerechnet wurden.

Die neue Methodik lässt sich wie folgt skizzieren:

  • Auf der verlängerten Zinshistorie mit täglichen Zinssätzen vom 3. Januar 2000 bis zum 29. Dezember 2023 werden für neun Laufzeiten6 für jede betrachtete Währung die absoluten Zinsänderungen berechnet, die über einen Zeitraum von 6 Monaten (125 Handelstagen) zu beobachten sind.
  • Für diese auf täglicher Basis über ein wanderndes 6-Monats-Zeitfenster beobachteten Zinsänderungen werden Mittelwerte berechnet: für „short rate“ über die Laufzeiten 3 Monate, 6 Monate und 1 Jahr, für „long rate“ über die Laufzeiten 10 Jahre, 15 Jahre und 20 Jahre und für „parallel“ über alle betrachteten neun Laufzeiten.
  • Im nächsten Schritt werden für die resultierenden drei Zeitreihen der Zinsänderungsmittelwerte (bezogen auf „short rate“, „long rate“ und „parallel“) jeweils die Absolutbeträge gebildet und dann die 99,9-%-Quantile berechnet.
  • Auf die Ergebnisse wird ein Floor von 100 BP (Basispunkten) und ein Cap von 500 BP für „short rate“, 300 BP für „long rate“ und 400 BP für „parallel“ angewendet.
  • Schließlich werden die resultierenden Werte auf das nächste Vielfache von 25 BP gerundet7.

Wesentliche Merkmale der neuen Methodik sind die Verlängerung der betrachteten Zinshistorie seit Anfang 2000 bis Ende 2023, die Verwendung absoluter Zinsänderungen auf einem wandernden 6-Monats-Zeitfenster und das 99,9-%-Quantil zum Ableiten der Risikoparameter.

Das Vorgehen des Baseler Ausschusses bei der Kalibrierung der IRRBB-Zinsschocks kann aus Sicht des Autors auch als Vorbild für hauseigene Risikomessverfahren dienen oder als eine nützliche Argumentationshilfe in der jährlichen Parametervalidierung.

Ergebnisse der Rekalibrierung

Die neu kalibrierten Parameter verschlechtern (erhöhen) sich in gut 40% der 63 betrachteten Fälle gegenüber den bisherigen Parametern. So ergibt sich für den Euro durch die Rekalibrierung eine Erhöhung in allen drei Fällen:

  EUR bisher EUR nach Rekalibrierung
Parallel 200 225
Short 250 350
Long 100 200

Mit den neuen Parametern werden die Parallelverschiebungen für den Euro etwas kräftiger, die kurzen Ausschläge bei den Short-Rate-Schocks deutlich größer und die Verdrehungen beim Steepener- und Flattener-Schock deutlich stärker.

Eine Verschlechterung in allen drei Fällen resultiert auch für das britische Pfund und den Schweizer Franken.

Der US-Dollar verändert sich hingegen kaum:

  USD bisher USD nach Rekalibrierung
Parallel 200 200
Short 300 300
Long 150 225

Die Detailanalyse der EBA zeigt, dass die Effekte sowohl aus der geänderten Berechnungsweise als auch aus der Verlängerung der Zinshistorie resultieren.

msg for banking hat bereits 2017 ein Tool auf Excel-Basis für die Berechnung der IRRBB-Szenarien gemäß den aufsichtlichen Vorgaben entwickelt. Dieses Tool wurde um die final rekalibrierten Parameter erweitert. Es steht zum kostenlosen Download zur Verfügung8. Institute können es nutzen, um mit den erzeugten Zinsszenarien schon jetzt die Auswirkungen einer künftigen Rekalibrierung auf ihre Risikokennzahlen zu simulieren.

Rekalibrierung Zinsschock

Abbildung 1: Darstellung der IRRBB-Zinsszenarien im Excel-Tool von msg for banking – beispielhaft für die rekalibrierten EUR-Szenarien

Excel-Tool zur Berechnung der IRRBB-Zinsszenarien – jetzt auch mit rekalibrierten Parametern

Wir bieten Ihnen das Werkzeug zum kostenlosen Download hier an.

Fazit und Ausblick

Die Rekalibrierung der IRRBB-Zinsschocks, insbesondere die Verlängerung der Zinshistorie und die Anpassung der Methodik, waren vor dem Hintergrund der signifikanten Zinsentwicklungen seit Ende 2015 überfällig. Der Baseler Ausschuss hat jetzt einen zeitgemäßen überarbeiteten Standard veröffentlicht. Er soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Es ist davon auszugehen, dass die EBA und andere Aufsichtsinstanzen weltweit diesen Standard in den nächsten Jahren übernehmen werden, so dass die rekalibrierten IRRBB-Zinsschocks die bisherigen ablösen.

Aus Sicht des Autors bilden die neu kalibrierten Szenarien die Zinsrisikosituation je Währungsraum realistischer ab als die bisherigen. Deshalb ist schon jetzt eine regelmäßige Simulation ihrer Auswirkungen auf die Risikokennzahlen, insbesondere die IRRBB-Ausreißerkriterien, zu empfehlen – parallel zu den aktuell gültigen IRRBB-Zinsszenarien.

Quellen und weiterführende Hinweise
Rainer Alfes

Rainer Alfes

ist Diplom-Mathematiker und bei msg for banking spezialisiert auf Asset-Liability-Management sowie Steuerung der Marktpreis- und Liquiditätsrisiken. Als Executive Business Consultant berät er zu produktstrategischen Themen, hat langjährige Erfahrung in der Konzeption von Risikomanagementsystemen und der Abbildung von Treasuryprozessen, ist Autor von Fachartikeln sowie erfahrener Referent.

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