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Reklamationen in Payments

Reklamationen sind aus unserem täglichen Leben nicht wegzudenken. Wir können alles reklamieren, das kalte Essen im Restaurant, beim Händler eine verspätete Warenlieferung oder Waren, die den eigenen Erwartungen nicht entsprechen. Reklamationen, Nachfragen und weitere Klarstellungen sind ein fester Bestandteil aller Geschäftsprozesse.

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Reklamationen in Payments

Reklamationen – Herausforderungen und Chancen bei der Automatisierung

Reklamationen sind aus unserem täglichen Leben nicht wegzudenken. Wir können alles reklamieren, das kalte Essen im Restaurant, beim Händler eine verspätete Warenlieferung oder Waren, die den eigenen Erwartungen nicht entsprechen. Reklamationen, Nachfragen und weitere Klarstellungen sind ein fester Bestandteil aller Geschäftsprozesse.

Der Schrei von Edvard Munch

Wollen wir die Reklamation bebildern, könnte „Der Schrei“ von Edvard Munch genau das richtige Werk sein, und zwar nicht nur aufgrund der Wortabstammung. Die uneindeutige Situation auf dem Gemälde lässt die Frage nach der Ursache für den Schrei aufkommen. Trifft eine Reklamation ein, beginnt die Erforschung der Ursache.Der Begriff Reklamation stammt aus dem Lateinischen „reclamatio“ 1 und kann wörtlich als „Gegenschrei“ oder das „Neinsagen“ übersetzt werden.

Auch jede elektronisch durchgeführte Zahlung kann zu einer Reklamation oder einer Nachfrage führen. Jedes Unternehmen das elektronische Zahlungen anbietet, muss mit Reklamationen und Nachfragen rechnen und diese auch schnell und effizient lösen. Wenn ein Kunde oder eine Korrespondenzbank eine Nachfrage zum Status einer Zahlung hat, müssen Nachforschungen initiiert werden, indem die Gelder entlang der gesamten Transaktionskette nachvollzogen werden und dem Nachfragenden diese Information übermitteln.

Reklamationsabwicklung als ein Baustein von Kundenzufriedenheit

Der Umgang und die Abwicklung einer Reklamation kann entscheidend zur Kundenzufriedenheit beitragen und ist dadurch ein wichtiger Erfolgsfaktor. Der Reklamationsprozess trägt dazu bei wie zufrieden der Kunde mit der Zahlung an sich ist, aber auch mit dem Produkt oder der Dienstleistung im Ganzen. Im Umkehrschluss kann eine schlechte oder komplizierte Reklamationsabwicklung einen hohen Reputationsschaden und hohe Kosten für das Unternehmen verursachen.

Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die eine Reklamation erforderlich machen können. Die häufigsten Gründe für die Reklamation einer Zahlung lassen sich wie folgt zusammenfassen2:

  • Zahlung ist angekommen, aber fehlerbehaftet
  • Zahlung ist angekommen, aber Informationen sind unvollständig
  • Zahlung ist nicht angekommen aufgrund eines Verarbeitungsfehlers
  • Zahlung ist aus unbekannten Gründen nicht angekommen
  • Zahlungsdetails können nicht mit ihrem Initiator verknüpft werden

All diese Gründe führen dazu, dass der reguläre Zahlungsprozess unterbrochen werden muss und die Zahlung nicht korrekt weiterverarbeitet werden kann.

Bei Finanzinstituten im Individualzahlungsverkehr sind es durchschnittlich 2-5 Prozent3 aller Zahlungen, die zu einer Reklamation oder einer Nachfrage führen. Bei der hohen Anzahl an Zahlungen lohnt es sich also für die Finanzinstitute ihre Zahlungsvorgänge effizienter zu gestalten und somit ihre Position gegenüber dem Wettbewerb zu stärken. Die Kosten für die Bearbeitung jeder aus einer Zahlung resultierenden Reklamation oder Anfrage tragen einen hohen Anteil an den gesamten Zahlungskosten. Die Reklamationen und Nachforschung in diesem Bereich sind meist mit einem hohen manuellen Aufwand und somit Personalkosten für das jeweilige Unternehmen verbunden.

Herausforderungen der Automatisierung

Eine vollständige oder anteilige Automatisierung der Reklamationsverarbeitung kann somit zu hohen Einsparungen führen. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass die Automatisierung insgesamt zu schnelleren Prozessen führt und Kundenservice sowie Kundenzufriedenheit gesteigert werden kann. Damit allerdings die Automatisierung bei der Reklamationsverarbeitung voranschreiten kann, müssen zahlreiche Herausforderungen bewältigt werden.

Bei Reklamationsprozessen sind meistens mehrerer Parteien involviert. Die Automatisierung des Prozesses wird durch die Verwendung unterschiedlicher Kommunikationskanäle der jeweiligen Partei gebremst.

Insbesondere die fehlenden Branchenvereinbarungen und SLAs führen zu langen Bearbeitungszeiten und Ineffizienzen. Verwendung von Freitext-​Nachrichtenformaten sowie insgesamt fehlende Branchenregeln erschweren Automatisierungsansätze.

Wenn es Probleme bei der Zahlung gibt, so müssen diese schnellstmöglich behoben und der Kunde über den Status der Nachforschung kontinuierlich informiert werden. Wurde die Zahlung zudem fälschlicherweise ausgeführt, muss der Schaden so weit wie möglich reduziert werden. In Konsequenz sollte der Reklamationsprozess so effizient und effektiv wie möglich sein und auf Technologien und Standards basieren, die von jeder Partei in der Zahlungskette genutzt werden können.

Zusätzlich besteht in dringenden Fällen, wie beispielsweise bei Betrug oder falsch versendeten Zahlungen, Bedarf an einer automatisierten, Tool-​basierten Unterstützung, die sofort eine Zahlung stoppen und korrigieren kann.

Reklamationsmanagement im Auslandszahlungsverkehr

Der Auslandszahlungsverkehr (AZV, Englisch: cross-​border payments) ist etwa 90 Prozent4 ineffizienter und kostenintensiver als der Inlandszahlungsverkehr. Hauptsächlich ist dieser Unterschied in den Back-​Office-Prozessen, Kosten- und Preisgestaltung für die Verwaltung von Forderungen zwischen den Banken sowie Betrugs-​ und Geldwäscheprävention begründet. Mit einem Volumen von etwa 130 Billionen USD5 an Transaktionen im Jahr 2019, ist der Auslandzahlungsverkehr von besonders großer Bedeutung für die Weltwirtschaft im Allgemeinen, aber eben auch für einzelne Banken und Unternehmen. Was das Volumen des grenzüberschreitenden Geschäfts betrifft, so ist diese mit dem des Inlandzahlungsverkehrs vergleichbar, nicht aber bei Effizienz und Kosten. Daher sind Anpassungen am AZV erforderlich. Um diesen Performance Unterschied auszugleichen, bedarf es neben dem Einsatz von Technologien zur Prozessautomatisierung auch die Weiterentwicklung von Unternehmen und Mitarbeitern.

Gemäß einer von ibi Research an der Universität Regensburg durchgeführten Studie zur Cross-​Border Payments6 sind eine Reihe von Aspekten bei der Verarbeitung der Auslandszahlungsüberweisungen besonders wichtig. Neben der eindeutigen Zuordenbarkeit von Zahlung und Rechnung, einheitliche Schnittstellen und Formate, wurden die Geschwindigkeit der Abwicklung und das Zahlungs-​Tracking genannt.

Laut SWIFT7 sind die Gründe für notwendige Nachforschungen im AZV vielfältig. Diese reichen von länderspezifischen Bestimmungen bis hin zu menschlichen Fehlern. Diese Nachforschungen und Reklamationen können Anfragen zu Korrespondenzbankgebühren, Ermittlungen zur Betrugserkennung und weiteren Untersuchungsszenarien wie Return of Funds, Unable to Apply Credit und Beneficiary Claims Non Receipt (BCNR) umfassen.

SWIFT gpi Case Resolution als Optimierungsansatz im Auslandszahlungsverkehr

Die Optimierung und Automatisierung des Reklamationsmanagementprozesses verspricht SWIFT gpi Case Resolution. Der Komplexitätsgrad einer AZV-​Zahlung ist durch die Beteiligung vieler Länder, Währungsunterschiede und heterogene aufsichtsrechtliche Bestimmungen, die erfüllt werden müssen, sehr hoch. Diese hohe Komplexität kann dazu führen, dass eine Zahlung für weitere Nachforschungen zurückgehalten wird, was viel Zeit und Aufwand bis zu einer Lösung bedeuten kann. Laut Karshin, Head of Payment Technology Development der ALFA Bank8 hat der Einsatz von Case Resolution dazu geführt, dass die Nachforschungen um 3-5 Tage reduziert wurden und der Empfänger schneller sein Geld erhält.

Um diese Optimierung zu erzielen, setzt gpi Case Resolution auf einen sogenannten Tracker. Mittels Tracker Einsatz ist es möglich eine Zahlung entlang der Zahlungskette zu verfolgen und die entsprechende Kommunikation zu dokumentieren.

Die Bearbeitungszeit wird durch das Routing der Anfragen an den richtigen Ansprechpartner reduziert. Zusätzlich wird auf ein ISO 20022 basierendes Format und strukturierte Codes gesetzt, um die Kommunikation zu standardisieren und doppelte Anfragen für dieselbe Zahlung zu vermeiden.

Die größten Vorteile der gpi Case Resolution Lösung sind dabei insbesondere:

  • Verbesserte Transparenz – für alle Parteien ist transparent wo und in welchem Status sich die Zahlung befindet
  • Schnellere Reklamationsbearbeitung – eine Routing Funktion über den Tracker ermöglicht die Weiterleitung und Nachverfolgung entsprechend der SLAs und eines Rulebooks
  • Reduzierung vom manuellen Aufwand – durch Standardisierung und Verbesserung der Kommunikation, Senkung der doppelten Nachfragen zu derselben Zahlung sowie die Prozessautomatisierung von Anfragen durch Anbieten der Case Resolution Funktionalität

Auch wenn die SWIFT gpi Case Resolution viele Vorteile für den Auslandszahlungsverkehr bietet und viele Kundenbedürfnisse adressiert, sind noch viele weitere Schritte nötig damit das Reklamationsmanagement des Auslandszahlungsverkehrs an die des Inlandszahlungsverkehrs heranreicht und der Effizienzlücke verringert wird.

Gute Reklamationsabwicklung führt zu zufriedenen Kunden

Unabhängig vom Grund für eine Reklamation erwartet der Kunde eine reibungslose Abwicklung und Transparenz bei der Nachvollziehung des Reklamationsstatus. Auch wenn 2-5 Prozent an reklamierten Zahlungen an sich im ersten Moment wie ein verschwindend geringer Anteil anhört, so wird bei den sehr hohen Volumina im Inlands-​ und Auslandszahlungsverkehr das Optimierungspotenzial deutlich.

Unternehmen müssen sich ihre Prozesse und Technologiefundament ansehen, um Standardisierung und in Konsequenz auch Automatisierung von (Teil-)Prozessen ermöglichen zu können. So können gleichzeitig bei einer (kundenfreundlichen) Verbesserung von Prozessen, Kosten durch eine zunehmende Automatisierung eingespart werden.

Quellen

Jelisaweta Rödder

ist im Payments-Team von msg for banking tätig und berät Zahlungsverkehrsdienstleister im Bereich Anforderungsmanagement und Prozessoptimierung.

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