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ISO 20022: Das letzte Kapitel beginnt

Im November 2025 wird ein wichtiges Kapitel in der Entwicklung des globalen Zahlungsverkehrs geschlossen: das Ende der SWIFT-Koexistenzphase von MT- und ISO-20022-Nachrichten. Ab diesem Zeitpunkt müssen Finanzinstitute ISO 20022 als einziges Format für den Kernzahlungsverkehr übernehmen. Dies ist ein entscheidender Moment – aber nicht das Ende des Weges. Tatsächlich ist es erst der Anfang.

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ISO 20022

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Zwar haben viele Banken und Zahlungsdienstleister große Fortschritte bei der regulatorischen Konformität gemacht, aber es besteht immer noch eine große Lücke zwischen regulatorischer Bereitschaft und der strategischen Befähigung. Viele Finanzinstitute haben sich darauf konzentriert, die Vorschriften zu erfüllen, Fristen einzuhalten und Übersetzungsschichten zu implementieren. Doch im November 2025 geht es nicht nur darum, eine Checkliste abzuarbeiten – es geht darum, Mehrwerte aus strukturierten, reichhaltigen Daten zu erschließen, die den Zahlungsverkehr, Compliance und die Kundenerfahrung verändern können.

Ein kurzer Rückblick

In Europa begann die Umstellung auf ISO 20022 im März 2023 mit der abgeschlossenen Migration von TARGET2 und EBA Clearing. Im internationalen Kontext haben andere wichtige Märkte den Umstieg ihrer Systeme bereits vor Europa vollzogen oder sind 2023 gefolgt.

Ein großer Meilenstein war der Start des Crossborder-Payments-and-Reporting-Plus(CBPR+)-Programms von SWIFT im März 2023. Diese erste Version umfasste 15 Nutzungsrichtlinien für die wichtigsten Nachrichtentypen – Payment Initiation (pain), Clearing and Settlement (pacs) und Cash Management (camt) – die alle über die MyStandards-Plattform von SWIFT verfügbar gemacht wurden.

Die Interoperabilität wurde durch Funktionen wie die Inflow-Übersetzung und den Transaktionsmanager unterstützt, sodass Finanzinstitute ISO-Nachrichten auch dann austauschen konnten, wenn ihre Gegenparteien noch nicht vollständig migriert waren. Die Dynamik setzte sich im weiteren Verlauf des Jahres 2023 fort, als neue Nachrichtentypen hinzukamen und der Transaktionsmanager vermehrt genutzt wurde.

Im November wurden weitere Anwendungsfälle eingeführt – darunter Schecks, Lastschriften und Einzugsermächtigungen – sowie Leitlinien der Payments Market Practice Group (PMPG) und der CBPR+-Arbeitsgruppe zur Förderung der Nutzung der umfangreichen ISO-Datenfelder. Der Schwerpunkt verlagerte sich auf die Aufrechterhaltung vollständiger Transaktionsdaten und die Durchsetzung der Integrität über den gesamten Lebenszyklus von Zahlungen.

Im Jahr 2024 richtete sich die Aufmerksamkeit auf Exceptions und Nachforschungen mit neuen Nutzungsrichtlinien für Benachrichtigungen und Gebührenanforderungen – alles Anzeichen für eine tiefere Integration von strukturierten Zahlungen in das globale System.

ISO 20022: Der aktuelle Stand der Dinge

Stand Mai 2025 sind die meisten Institute technisch konform – SWIFT meldet derzeit durchschnittlich mehr als 1,6 Millionen täglich im ISO-20022-Format ausgetauschte Zahlungsanweisungen -, aber das bedeutet nicht, dass sie wirklich bereit sind.

Viele Marktteilnehmer verlassen sich immer noch auf die Übersetzung von Nachrichten statt auf die native Verarbeitung von ISO 20022. Strukturierte Daten werden häufig vereinfacht oder gekürzt, und die Betriebsmodelle müssen sich erst noch an die jetzt verfügbaren umfangreicheren Informationen anpassen. Echte Interoperabilität ist nach wie vor in Arbeit, und viele Banken fangen gerade erst an, die weitreichenden Auswirkungen auf ihre Infrastruktur, Arbeitsabläufe und Kundenangebote zu bewerten.

November 2025 und darüber hinaus: Was ändert sich?

Der bevorstehende Meilenstein markiert eine wichtige Veränderung: Wichtige MT-Nachrichten – darunter MT103 und MT202 – werden aus dem Verkehr gezogen und ISO 20022 wird für alle Zahlungsanweisungen verbindlich.

Dennoch lässt SWIFT die Tür bis November 2026 noch einen spaltbreit offen. Bis dahin werden zusätzliche technische Validierungen von Nachrichten und Gebühren für alle Institute eingeführt, die noch Zahlungsanweisungen im MT-Format versenden. Die Institute sollten ihr Bestes tun, um dieses Ausweichszenario zu vermeiden.

Parallel zu dieser Umstellung werden auch die Adressformate standardisiert, um die Datenqualität und die Interoperabilität zu verbessern. Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Einführung des hybriden (oder halbstrukturierten) Adressformats.

Wie unterscheiden sich die verschiedenen Adresstypen und was bedeutet das Hybridformat wirklich?

Die Infobox gibt einen kurzen Überblick.

Bei ISO 20022 geht es nicht nur um die Aktualisierung von Zahlungsanweisungen, sondern auch um eine Reihe verwandter Prozesse und Nachrichtentypen. Um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen, werden diese Änderungen in mehreren Phasen eingeführt. Der nachstehende Zeitplan gibt einen Überblick über die wichtigsten Meilensteine.

Abgesehen von der Hybridadresse, die oben erläutert wurde, führt die ISO-20022-Roadmap mehrere zusätzliche Konzepte ein:

  • SWIFT Case Management: Standardisierte Nachrichten für die Bearbeitung von Untersuchungen, Exceptions und Rückgaben. Dazu gehören auch E&I-Meldungstypen (Exeptions & Investigations), das heißt ISO-basierte Formate für die Verwaltung von Follow-ups, Reklamationen und Anfragen, die bereits auf Opt-in-Basis verfügbar sind.
    • Ab November 2026 müssen die Banken in der Lage sein, camt.110-Nachrichten (MT199) zu empfangen.
  • SWIFT-Meldungstypen, die keine Anweisungen enthalten: Unterstützung von Nachrichten wie Status-Updates, Bestätigungen und Benachrichtigungen – alle werden auf ISO-native Formate umgestellt.
  • SEPA 3.7: Aktualisierte Version des SEPA-Zahlungsstandards.
    • SEPA-Version 3.6 wird im November 2025 außer Dienst gestellt, SEPA 3.7 wird obligatorisch.
    • Neue Formate: pain.001.001.09 für Überweisungen, pain.008.001.08 für Lastschriften und pain.002.001.10 für Statusmeldungen.
  • DTAZV: Das deutsche DTAZV-Format für grenzüberschreitende Zahlungen wird abgeschafft und durch das pain.001-AXZ-Format ersetzt, das auf ISO 20022 basiert.
    • Absender- und Begünstigtenadressen müssen vollständig strukturiert sein. Unstrukturierte Adressfelder werden nicht mehr akzeptiert.

Die Kenntnis dieser Fristen ist entscheidend für die Planung von Upgrades und das Sicherstellen der Einsatzbereitschaft in allen betroffenen Bereichen.

ISO 20022, Zeitplan

Abbildung 1: Zeitplan für ISO 20022

Was noch zu tun ist

Der echte Mehrwert von ISO 20022 liegt nicht in der regulatorischen Konformität, sondern in den Daten, die sie ermöglicht. Je reichhaltiger die Daten sind, desto intelligenter und effizienter sind die Prozesse, die auf ihnen beruhen. Mit dem Näherrücken der Frist im November 2025 müssen die Institute den Fokus von der reinen Compliance auf die operative Leistungsfähigkeit verlagern.

Ein solider Umstellungsplan sollte eine umfassende Analyse der Auswirkungen beinhalten, die die Systemkompatibilität, die Aufrüstung der Infrastruktur und die betrieblichen Auswirkungen der Umstellung auf strukturierte Daten umfasst.

Die Angleichung der Datenfelder ist von entscheidender Bedeutung – es muss sichergestellt werden, dass die bestehenden Formate ordnungsgemäß auf die ISO-20022-Strukturen abgebildet werden, um Abbrüche oder Datenverluste zu vermeiden.

Die Regelkonformität ist nach wie vor eine zentrale Anforderung, insbesondere in Bereichen wie Datenschutz und Sicherheit, wo umfangreichere Informationen neue Verpflichtungen mit sich bringen.

Die Institutionen müssen außerdem sicherstellen, dass alle Beteiligten in allen Abteilungen und mit externen Partnern an einem Strang ziehen, um Migrationszeitpläne, Budgets und Auswirkungen von Änderungen zu koordinieren. Risikomanagement und Notfallplanung sind während des Übergangszeitraums von entscheidender Bedeutung, ebenso wie eine Notfallüberwachung zur Erkennung und Behebung von Problemen in Echtzeit. End-to-End-Tests, idealerweise mit Gegenparteien oder in Sandbox-Umgebungen, sind für die Validierung der Einsatzfähigkeit unerlässlich.

Intern darf die Schulung der Mitarbeiter zu angereicherten Nachrichtendaten und ihren geschäftlichen Auswirkungen nicht außer Acht gelassen werden. Die Banken müssen ihre Teams mit dem Wissen ausstatten, strukturierte Daten effektiv zu verwalten und zu interpretieren.

Gleichzeitig sollten die Unternehmen ihre Datenstrategien neu bewerten – weg von der Konzentration auf die regulatorische Konformität, hin zur Nutzung von ISO 20022 als Motor für Wertschöpfung und Wettbewerbsvorteile.

Schließlich müssen zukünftige Meilensteine in die heutige Planung einbezogen werden. Die Institute sollten sich auf die Anforderungen für strukturierte Adressen bis November 2026 vorbereiten. Dann müssen alle unstrukturierten Postadressen in ein standardisiertes, strukturiertes Format gemäß ISO 20022 umgewandelt werden.

Dieser Termin ist besonders kritisch, da er einen bedeutenden Wandel in der Art und Weise markiert, wie Adressdaten in allen Zahlungssystemen verarbeitet werden. Die Institute müssen dieser Umstellung Priorität einräumen, um sicherzustellen, dass sie die Anforderungen erfüllen und Unterbrechungen bei der Zahlungsabwicklung vermeiden. Außerdem sollten sie damit beginnen, sich auf die Abschaffung von Exceptions-&-Investigations(E&I)-Nachrichten im November 2027 vorzubereiten.

Dies alles sind keine isolierten Phasen, sondern Teil der umfassenderen ISO-20022-Reise hin zu vollständig modernisierten, datengesteuerten Zahlungen.

Fazit: Der Countdown hat begonnen

In weniger als sieben Monaten wird das Ende der Koexistenzphase eingeläutet. Es wäre jedoch ein Fehler, den November 2025 als Ziellinie zu betrachten. Es geht nicht nur darum, die Vorschriften einzuhalten – es geht darum, in einer von Daten, künstlicher Intelligenz und Interoperabilität geprägten Landschaft wettbewerbsfähig zu sein.

Diejenigen Insitute, die ISO 20022 nicht nur als regulatorische Notwendigkeit, sondern als strategische Investition sehen, werden ihr volles Potenzial ausschöpfen. Die Zukunft des Zahlungsverkehrs ist klarer, reichhaltiger und vernetzter – aber nur, wenn wir jetzt die richtige Grundlage schaffen.

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Dann sprechen Sie gerne unsere Experten an.

Sources
Marilda Kazo

Marilda Kazo

ist als Business Consultant im Geschäftsbereich IT Consulting Payments bei msg for banking tätig.

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