CRR III – der neue IRBA
Die überarbeitete Capital Requirements Regulation (CRR III) bringt einige gravierende Änderungen mit sich, die alle Kreditinstitute und sämtliche Risikoarten betreffen. Der Beitrag fokussiert die wesentlichen Änderungen am IRBA und die damit verbundenen Auswirkungen.
In dieser Collection enthalten:
Collection öffnenNeue Spielregeln für IRBA-Institute: CRR III zwischen Flexibilität und neuen Vorgaben
Eigenkapital-Boost mit IRBA im dauerhaften Partial Use
Neuer Standardansatz für operationelle Risiken (OpRisk) nach CRR III
Permanent Partial Use im IRBA – Paradigmenwechsel der Bankenaufsicht
CRR III - Was kommt auf die Banken zu? Konferenzrückblick und Impressionen
Impuls “Risk & Regulatory Reporting” – Neues vom ICAAP
CRR III – Übergangsregelungen
Impuls “Risk & Regulatory Reporting” – der neue KSA und IRBA
CRR III - der neue KSA
Die 2025 in Kraft tretende Überarbeitung der Capital Requirements Regulation (CRR III) wirkt sich auf alle Kreditinstitute aus. Mit unserem 360-Grad-Review beleuchten wir alle Auswirkungen dieser Reform: von der Kapitalplanung, die schon heute über den angekündigten Start der neuen CRR Anfang 2025 hinausreicht, über Asset Allocation, Pricing und Vertriebssteuerung bis hin zu Meldeanforderungen.
Eine finale Version der Überarbeitung der CRR1 liegt seit dem 4. Dezember 2023 vor, die jetzt den formalen Genehmigungsprozess durchläuft. Die gravierenden Änderungen betreffen alle Kreditinstitute und sämtliche Risikoarten. Da vorhersehbare regulatorische Änderungen in der Kapitalplanung frühzeitig zu berücksichtigen sind, gibt es insbesondere bei den IRBA-Instituten jetzt Handlungsbedarf!
Im Beitrag „CRR III – der neue KSA“ haben wir die Änderungen am Kreditrisikostandardansatz (KSA) dargestellt, die sich durch die CRR III ergeben. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der KSA aufgrund des Output Floors künftig auch für solche Institute relevant wird, die ihre risikogewichteten Aktiva (RWA) bisher vollständig mit dem auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA) ermittelt haben.
Output Floor
Schon 2014 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) die Anwendung von Kapitaluntergrenzen (Capital Floors) auf Basis der Standardansätze der CRR zur Diskussion gestellt, um die Mindestkapitalausstattung für IRBA-Institute zu stärken.2 Ein konkreter Vorschlag zum Output Floor wurde 2017 in Basel III aufgenommen. 2019 hat die BaFin die Verschärfung des IRBA insgesamt erläutert:
Dies betrifft zum einen die Tatsache, dass die RWA-Ersparnis durch Modelle gegenüber den stark pauschalisierenden Standardansätzen grundsätzlich durch den Output Floor begrenzt wird. Zum anderen gibt es Veränderungen im Detail, die letztlich darauf abzielen, die Freiheiten der Modellierung etwas mehr einzugrenzen. Ziel ist es, dass Banken Modelle zielgerichteter dort einsetzen, wo die verfügbaren Daten eine Modellierung erlauben.2
Miguel Guthausen, Can Tenschert-Voß und Michael Bruns Bundesanstalt für Finanzaufsicht
Insbesondere für den Output Floor sieht der Regulator einige Übergangregelungen vor, die wir im Beitrag „CRR III – Übergangsregelungen“ dargelegt haben.
Die Kapitaluntergrenze gilt für jedes Institut insgesamt, d.h. für die Summe aller Risikopositionen und nicht etwa für Risikoarten oder Forderungsklassen separat, und gilt sowohl für selbstständige Tochtergesellschaften als auch auf Konzernebene. Dies bedeutet insbesondere, dass die neue CRR hier nicht der Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB) folgt, die Kapitalanforderungen nur noch auf „oberster Konsolidierungsebene“ (Konzernebene) anzuwenden.4
Um den Output Floor ermitteln zu können, muss das Institut für jede Risikoart und jedes Segment, für die der Kapitalbedarf nach internen Modellen bestimmt wird, diesen zusätzlich nach dem entsprechenden Standardansatz berechnen.
Der größte Anteil der Kapitalanforderungen wird in der Regel vom Kreditrisiko beigesteuert, so dass die Deckelung der Kapitaleinsparung, die sich künftig aus der Verwendung interner Ratingverfahren im Vergleich zur Verwendung des KSA ergibt, auch die Rückkehr in den KSA für einzelne Forderungsklassen für IRBA-Institute attraktiv machen könnte, die derzeit weitgehend ihr gesamtes Portfolio mit internen Ratingverfahren abdecken.
Änderungen des auf internen Ratings basierenden Ansatzes (IRBA) für Kreditrisiken
Folgende Änderungen bringt die CRR III im IRBA:
- Die Anforderung, den IRBA umfänglich und bis auf wenige Ausnahmen einheitlich anzuwenden („ganz oder gar nicht“), entfällt.
- Die Risikopositionsklassen im IRBA werden etwas granularer und näher am KSA definiert, um die Teilanwendung zu vereinfachen. Die bisherigen Forderungssegmente Mengengeschäft (Retail) und Unternehmen werden jeweils in Untersegmente aufgeteilt, die auch einzeln gemäß IRBA behandelt werden können. Neue Forderungsklassen für Regionalregierungen und Gebietskörperschaften (Regional Governments and Local Authorities – RGLA) sowie für öffentliche Einrichtungen (Public Sector Entities – PSE) werden eingeführt, die im IRBA einheitlichen Regeln analog zu Unternehmensforderungen unterworfen werden, insbesondere auch hinsichtlich der Input Floors.
- Die Verwendung des fortgeschrittenen IRBA, d. h. die Verwendung interner Modelle für die Schätzung von Verlustquoten bei Ausfall (Loss Given Default – LGD) wird für Low Default Portfolien eingeschränkt. Für Forderungen an Banken und Großunternehmen (ab 500 Mio. € konsolidierter Umsatz) ist sie nicht mehr möglich, jedoch weiterhin bei Staatsanleihen.
- Interne Modelle für Konversionsfaktoren (Credit Conversion Factor – CCF) können nur noch für revolvierende Forderungen verwendet werden (außer für Banken und Großunternehmen). Für alles anderen Risikopositionsklassen kommt der Standardansatz für CCF zum Einsatz.
- Beteiligungspositionen können zukünftig nicht mehr durch interne Ratings eingewertet werden, d. h. hier kommt künftig ausschließlich der Standardansatz mit den neuen, höheren Risikogewichten zum Einsatz.
- Kreditrisikominderungstechniken wie Sicherheiten und Garantien werden an den KSA angeglichen.
- Die Input Floors, d. h. die Untergrenzen bei der Schätzung der Risikoparameter PD (Probability of Default), LGD und CCF werden angehoben. So werden etwa die Mindest-PDs für Unternehmen und Institute von 0,03 % auf 0,05 % erhöht. Für unbesicherte Unternehmensforderungen wird die LGD mit einer Untergrenze von 25 % versehen. Besteht hingegen eine Besicherung, so sind niedrigere Mindest-LGDs von 15 % und weniger erlaubt – je nach Sicherheitentyp. Für revolvierende Retailforderungen ist ein Untersegment „QRRE Revolver“ zu identifizieren, das eine höhere Mindest-PD von 0,1 % erhält. Schließlich wird im Mengengeschäft eine Mindest-LGD von bis zu 50 % je nach Produkt und Besicherung eingeführt.
- Im IRBA-Basisansatz werden die aufsichtlichen Parameter angepasst. So sinkt insbesondere die LGD für unbesicherte Unternehmensforderungen von 45 % auf 40 %.
- Eine Übergangsphase gibt es nicht nur für die sukzessive Steigerung des Output Floors, sondern auch für andere Elemente des IRBA wie dem Input Floor für Spezialfinanzierungs-LGD und eine Volatilitätsanpassung bei Sachsicherheiten. Alle Übergangsregelungen finden sich in einem separaten Beitrag.
Auswirkungen
Die EU-Kommission erwartet durch die Einschränkung des IRBA bzgl. der Ratingverfahren für Institute, große Unternehmen und Beteiligungen die Eindämmung einer erheblichen Quelle unangemessener Schwankungen der RWA und damit die Steigerung der Vergleichbarkeit zwischen Instituten bei gleichzeitiger Reduzierung der Komplexität.5
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat 2022 in einer Umfrage die Auswirkungen von Basel III bzw. dessen europäischer Umsetzung in Form der CRR III auf die Kapitalanforderungen von europäischen Banken in zwei Gruppen untersucht:6 Banken mit einem Kernkapital von mindestens 3 Mrd. € sowie internationaler Geschäftstätigkeit bilden die Gruppe 1, die kleineren oder nicht internationalen Institute die Gruppe 2. Für die Ermittlung der Auswirkungen wird die vollständige Implementierung (nach Übergangsphasen) ohne Anpassungen der Geschäftsausrichtung oder der internen Prozesse angenommen, insbesondere ohne die neue Möglichkeit der Teilanwendung des IRBA (Partial Use). Die Ergebnisse zeigen, dass die Anforderungen an das harte Kernkapital im Durchschnitt über alle 160 teilnehmenden Institute um ca. 15 % ansteigen. Größer sind die Auswirkungen vor allem für global systemrelevante Institute, während die Auswirkungen für kleinere Institute weniger stark ausfallen.
In der Studie wurde zudem erfragt, welche konkreten Regelungen jeweils zu relevanten Steigerungen führen. Für IRBA-Institute sind dies vor allem der Output Floor sowie die Anpassungen an den Eigenkapitalanforderungen zum operationellen Risiko.7 Die Eigenmittelanforderung für Operationelle Risiken ist zukünftig von allen Instituten nach einem neuen, einheitlichen Standardansatz zu ermitteln. OpRisk-Modelle können nicht mehr für Säule-1-Zwecke verwendet werden. Die erweiterten Anforderungen des neuen Kreditrisikostandardansatzes schlagen bei KSA-Instituten mit durchschnittlich 8,8 % am stärksten durch.
CRR III – 360° View
Die Änderungen der CRR III betreffen alle Kreditinstitute und sämtliche Risikoarten und wirken sich weitreichend auf die Gesamtbanksteuerung aus. Wir stellen Ihnen die wesentlichen Anpassungen sowie Themenfelder vor, in denen zeitnah ein Handlungsbedarf besteht.
Die gemeinsame Studie von Deloitte und RSU, die auf Rückmeldungen von 52 Instituten aus Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum von Mitte 2022 basiert, differenziert die Auswirkungen im Kreditrisiko.8 Demnach sind im KSA gewerbliche Immobilien und Beteiligungen die Forderungsklassen mit dem stärksten Anstieg der Kernkapitalanforderungen, wobei auch außerbilanzielle Positionen (kündbare Kreditlinien auf Girokonten und Kreditkarten) und nicht geratete Institute genannt werden. Eine Entlastung hingegen wird im Portfolio der Wohnimmobilien erwartet. Innerhalb des IRBA schlägt gemäß der Studie vor allem der Input Floor für PD, LGD und CCF negativ zu Buche. Dagegen wirken sich die angepassten regulatorischen LGD-Werte im Basis-IRBA und der Wegfall des Korrekturfaktors von 1,06 in der Kapitalberechnung positiv aus. Den größten kapitalsteigernden Effekt für IRBA-Institute hat jedoch der Output Floor.
Wirkung der Kombination von Partial Use und Output Floor
Durch die Einführung des Output Floors wird der Vorteil des IRBA gegenüber dem KSA eingeschränkt. Gleichzeitig bedeutet die Möglichkeit der dauerhaften Teilanwendung des IRBA, dass dessen Potenzial durch strategische Auswahl weniger Forderungsklassen mit der größten erwarteten RWA-Reduktion voll ausgeschöpft werden kann. Anspruchsvolle oder verhältnismäßig kleine Forderungsklassen, die etwa bzgl. Datenverfügbarkeit oder der Anzahl von Ausfällen in der Modellierung problematisch sind, können hingegen mittels des KSA bewertet werden. Diese künftige Wahlmöglichkeit kommt heutigen IRBA-Instituten ebenso zugute wie KSA-Instituten.
Für KSA-Institute ergibt sich etwa die Möglichkeit, in einem fokussierten Projekt nur ein bis zwei relevante Forderungsklassen in den IRBA zu überführen und damit bis zu 27,5 % der Eigenkapitalanforderungen im Vergleich zur Anwendung des KSA einzusparen. Selbst mit einer konservativen Rechnung profitiert ein Institut mit einer Bilanzsumme im mittleren einstelligen Milliardenbereich davon deutlich. Ein verstärktes Interesse an der Neueinführung des IRBA ist daher im deutschen Bankenmarkt unübersehbar.
Für IRBA-Institute hingegen besteht künftig die Möglichkeit, interne Modelle gezielt in solchen Segmenten abzuschalten, die wenig zur RWA-Ersparnis beitragen, bzw. in solchen, die aufgrund ihrer Komplexität oder niedriger Ausfallzahlen hinsichtlich der Modellüberwachung und -validierung besonders aufwändig sind. Diese Erlaubnis für IRBA-Institute, mit einzelnen IRBA-Forderungsklassen in den Standardansatz zu wechseln, besteht während einer Übergangsphase von drei Jahren ab Inkrafttreten der CRR III. In der oben genannten Studie von Deloitte und RSU wird in diesem Zusammenhang berichtet, dass mehrere IRBA-Institute Interesse an einem solchen Wechsel einzelner Forderungsklassen in den KSA haben.
Implementierung von KSA und IRBA – Wir unterstützen Sie.
Über den 360-Grad-Review zur CRR III hinaus bieten wir Ihnen Unterstützung bei der Implementierung des KSA und des IRBA an. Seit mehr als 15 Jahren sind wir ein verlässlicher und erfahrener Partner für viele zufriedene Institute verschiedener Ausrichtung und Größenordnung bei der Umsetzung von Basel, SolvV und CRR.
Quellen
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1. Rat der Europäischen Union, Proposal for a Regulation of the European Parliament… - Confirmation of the final compromise text with a view to agreement, 04.12.2023
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2. BCBS, Consultative Document – Standards – Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches, 2014
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3. M. Guthausen, C. Tenschert-Voß, M. Bruns, Viel erreicht, aber noch nicht am Ziel - Kapitalausstattung der Banken: BaFin-Rückschau zehn Jahre nach der Finanzkrise, BaFin Journal, 2019
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4. Stellungnahme der Europäischen Zentralbank, 24.03.2022
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5. Erläuterung im Vorschlag der EU-Kommission zur CRR III vom 27.10.2021
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6. EBA, BASEL III Monitoring Exercise – Results based on Data as of 31 December 2021, September 2022
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7. Die Eigenmittelanforderung für Operationelle Risiken ist zukünftig von allen Instituten nach einem neuen, einheitlichen Standardansatz zu ermitteln. OpRisk-Modelle können nicht mehr für Säule-1-Zwecke verwendet werden.
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8. Deloitte und RSU, CRR III Survey 2023 - Auswirkungen und Herausforderungen, 2023
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