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Lieferkettenregulierung im Ăśberblick: CSDDD und LkSG aus Sicht der Banken

Die zunehmende Relevanz von Umwelt und Menschenrechten in Lieferketten unterstreicht die Bedeutung nachhaltiger Praktiken. Mit der Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) müssen Banken einerseits Sorgfaltspflichten entlang der eigenen vorgelagerten Lieferkette beachten. Andererseits erfordern diese Regulierungen von Finanzinstituten eine Anpassung ihrer Strategien und eine präzise Analyse ihrer Geschäftspartner im Rahmen des Risikomanagements sowie der Kreditvergabe und des Monitorings.

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Lieferkettenregulierung CSDDD LkSG - Gesetz Lieferketten fĂĽr Banken

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Globale Lieferkettenregulierung

Das Ausmaß der globalen Vernetzung von Handelsbeziehungen und Lieferketten ist in den letzten Jahren deutlich geworden und hat in vielen Geschäftsbereichen große Abhängigkeiten offenbart. Diese Abhängigkeit von komplexen internationalen Lieferketten führt zu ökonomischen Verwundbarkeiten. Neben der Sicherstellung geregelter Abläufe von Logistikprozessen rückt auch der Schutz von Klima, Umwelt und Menschenrechten immer mehr in den (regulatorischen) Fokus.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz, legt die unternehmerische Verantwortung für die Wahrung von Menschenrechten in weltweiten Lieferketten fest. Dazu zählen Schutzmaßnahmen gegen Kinderarbeit, die Gewährleistung fairer Löhne sowie der Umweltschutz.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Der deutsche Gesetzgeber hat bereits im Jahr 2021 den ersten Schritt gesetzt, indem das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) publiziert wurde, welches seit 2024 in Kraft getreten ist. Von den zusätzlichen Sorgfaltspflichten sind Unternehmen der Realwirtschaft mit mehr als 1000 Mitarbeitern betroffen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übernimmt hier eine ähnliche Kontrollfunktion wie die BaFin für den Finanzsektor, Verstöße gegen Sorgfaltspflichten werden mit Bußgeldern sanktioniert. Via „Handreichung“ wurden Finanzinstitute seitens BAFA von den nachgelagerten (Downstream) Sorgfaltspflichten befreit.

Unter die Sorgfaltspflichten fallen:

  • die Feststellung einer betriebsinternen Zuständigkeit,
  • das Einrichten eines Risikomanagements,
  • das DurchfĂĽhren regelmäßiger Risikoanalysen,
  • die Abgabe und Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung,
  • die Verankerung von PräventionsmaĂźnahmen,
  • das Ergreifen von AbhilfemaĂźnahmen,
  • die Einrichtung von Beschwerdeverfahren und
  • die Dokumentation und Berichterstattung ĂĽber das Lieferkettenmanagement.

Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)

Neben dem nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) liegt der Gesetzentwurf zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) auf europäischer Ebene vor. Der europäische Gesetzgeber geht mit dem Entwurf der CSDDD einen Schritt weiter und strebt ein verschärftes Regelwerk im Hinblick auf internationale Lieferketten und die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen an. Derzeit herrscht noch Rechtsunsicherheit bezüglich des Inkrafttretens und der inhaltlichen Ausgestaltung der Richtlinie. Dabei richtet sich der Fokus auf einen ausgeweiteten Anwendungskreis und eine genauere Definition der unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Zudem stellt die zivilrechtliche Haftung für mögliche Verstöße gegen Menschenrechte und Klima- bzw. Umweltschutz eine Besonderheit dar und bietet zugleich viel Raum für Kritik. Künftig sollen EU-Unternehmen von der Richtlinie betroffen sein, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen und einen internationalen Jahresnettoumsatz von 150 Mio. EUR erzielen. Auch hier dürften Finanzinstitute vorerst teilweise ausgenommen werden. Nach aktuellem Verhandlungsstand sind diese lediglich zur Sorgfaltspflicht bei der eigenen Geschäftstätigkeit verpflichtet, wesentliche Teile der Wertschöpfungskette, wie etwa die Kreditvergabe, bleiben davon ausgenommen.

Vorteil CSDDD – Harmonisierung

Befürworter der CSDDD argumentieren zum Teil auch für die Einbeziehung der nachgelagerten Aktivitäten von Finanzinstituten, in Übereinstimmung mit bereits bestehenden Rechtsinstrumenten wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Diese stehen auch im Einklang mit internationalen Standards wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen. Zahlreiche Finanzinstitute und die Europäische Zentralbank unterstützen die Einbeziehung des Finanzsektors in die CSDDD für eine europäische Harmonisierung. Die Richtlinie könnte ein entscheidender Hebel zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte sein und Europa die Möglichkeit bieten, weiterhin eine Vorreiterrolle bezüglich sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit einzunehmen. Darüber hinaus würde eine europäische Harmonisierung zu einer Verringerung der Wettbewerbsverzerrung zugunsten deutscher und nachhaltiger Unternehmen führen.

Nachteil CSDDD – Komplexität

Kritiker der CSDDD befürworten zwar eine Stärkung der unternehmerischen Verantwortung und Transparenz, betonen jedoch, dass die vorgesehenen Regelungen zu großen Überforderungen in der Unternehmenswelt führen könnte. Der erhebliche Umsetzungsaufwand ist einer der Gründe dafür, weshalb der CSDDD-Entwurf von einigen EU-Mitgliedsstaaten kritisiert und von Deutschland vorerst blockiert wird. Auch die Umsetzung der geplanten unternehmerischen Haftung, oder auch allgemeine Sorgfaltspflicht gem. Art. 25 Abs. 1 genannt, steht im Fokus der Kritik. Der Grundgedanke basiert auf verantwortungsvollem Handeln im Hinblick auf Menschenrechte, Umwelt und Klima entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens und verknüpft diesen mit zivilrechtlichen Konsequenzen bei Pflichtverletzungen oder direkten Verstößen nach Art.25 Abs. 2 CSDDD. Aufgrund der Rechtsunsicherheit über den Ausgang der CSDDD-Verhandlungen sollten sich Finanzinstitute auf entsprechende Eventualitäten vorbereiten. Die Herausforderungen und Chancen, die diese und andere Maßnahmen mit sich bringen, werden die Finanzbranche weiterhin prägen und ihre Rolle im Kontext einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung definieren.

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EBA-Konsultation zu ESG-Risiken und 8. MaRisk Novelle

Die EBA hat im Januar 2024 Leitlinien für den Umgang mit ESG-Risiken veröffentlicht, die nicht nur an signifikante, sondern auch an kleine, nicht komplexe Institute gerichtet sind. Erfahren Sie im Blogartikel mehr über die aktuellen Entwicklungen und die Zusammenhänge zwischen MaRisk und den EBA-Leitlinien.

Auswirkungen der Lieferkettensorgfaltspflichten auf die Finanzwirtschaft

Direkte Betroffenheit

Wenngleich sowohl das deutsche als auch das europäische Lieferkettengesetz in erster Linie auf Unternehmen der Realwirtschaft zugeschnitten sind, erstreckt sich der Einfluss auch auf den Finanzsektor. In diesem Sinne sind Finanzinstitute verpflichtet, Sorgfaltspflichten im Rahmen der vorgelagerten Lieferkette (Upstream) einzuhalten, die sowohl unmittelbare als auch mittelbare Zulieferer sowie den eigenen Geschäftsbereich umfasst. Der Begriff der Lieferkette gemäß § 2 Abs. 5 LkSG schließt jedoch explizit Kundenbeziehungen von Finanzinstituten aus. Daher erstrecken sich die Sorgfaltspflichten vorerst nicht auf die Geschäftstätigkeit von (Unternehmens-)Kunden (Downstream).

Indirekte Betroffenheit – Analyse der Geschäftspartner und Einbettung in das ESG-Risikomanagement sowie in die Kreditvergabe/Monitoring

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sowie der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) sind Kreditinstitute jedoch verpflichtet, ihre Geschäftsstrategie unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken zu veröffentlichen. Um sich strategisch zukunftsfähig aufzustellen, ist der Finanzsektor angehalten, die Investitionsstrategie sowie die Kreditvergabe bzw. das Monitoring zeitnah entsprechend den Nachhaltigkeitsrisken in der Wertschöpfungskette anzupassen und in die übergreifende ESG-Strategie zu integrieren. Vorbereitungen sollten insbesondere auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) getroffen werden. Die präzise Analyse der ESG-Risiken von Geschäftspartnern, inklusive Einbettung ins Risikomanagement, sollte hier im Vordergrund stehen. Geschäftspartner bzw. Unternehmenskunden, die nicht compliant gemäß der Lieferkettensorgfaltspflichten sind, erleiden finanzielle Einbuße und haben dazu ein erhöhtes Reputationsrisiko, was wiederum das Ausfallrisiko (PD) aus Sicht der Finanzinstitute erhöht.  Besonders risikobehaftet sind dabei Unternehmen folgender Branchen: Lebensmittel- und Textilindustrie, einschließlich der Fertigungs- und Großhandelsindustrie, sowie die Mineral- und Metallindustrie. Dies ergibt sich aus den teils erheblichen Umweltauswirkungen, Rohstoffabhängigkeiten, komplexen internationalen Lieferketten und regulatorischen Herausforderungen.

ESG-Risikodaten zu Geschäftspartnern können durch eigene Datenerhebung mittels Scorecards, Analyse öffentlicher Informationen, den Zukauf externer Daten oder durch die Einholung von Kontroversen-Screenings, beziehungsweise ESG-Ratings gewonnen werden.

Quellen
Lilli Maurice

Lilli Maurice

ist Managerin bei msg for banking im Bereich Strategy & Transformation und Sustainable Finance. Ihr Fokus liegt auf den Themen Strategieentwicklung, Impact Messung und nachhaltige Lieferketten.

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