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Nach dem SI-Klimastresstest ist vor dem LSI-Klimastresstest

Bisher hat es mit dem EZB-Klimastresstest von 2022 nur die bedeutenden Institute getroffen. Spätestens durch den Entwurf der 7. MaRisk-Novelle wird aber klar, dass auch die weniger bedeutenden Institute aktiv werden müssen.

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EZB-Klimarisikostresstest 2022

Im Oktober 2021 veröffentlichte die Europäische Zentralbank (EZB) die Einzelheiten für den Klimarisikostresstest 2022. Ziel des Stresstests war es, herauszufinden, wie weit sich Banken bereits mit der Integration von Klimarisiken beschäftigt haben und wie stark diese durch das Eintreten von physischen sowie transitorischen Risiken in den kommenden Jahren betroffen sind. Darüber hinaus sollten mögliche Schwachstellen, Herausforderungen und Best Practices der Banken im Zusammenhang mit der Steuerung von Klimarisiken identifiziert werden.1

Im Rahmen des Stresstests mussten die Bedeutenden Institute einen dreigeteilten Fragenbogen befüllen:

  1. Eine qualitative Frageliste zu den Stresstestfähigkeiten in Bezug auf Klimarisiken.
  2. Bereitstellung von Informationen als Grundlage für eine von der EZB geplante Benchmarkanalyse mit vergleichbaren Banken, um die Tragfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle und ihr Engagement in emissionsintensiven Unternehmen zu untersuchen.
  3. Durchführung eines Bottom-up-Stresstests für physische Risiken wie extreme Wetterereignisse, beispielsweise Flut oder Dürre, als auch für transitorische Risiken, die durch den Übergang zur CO2-ärmeren bis hin zur CO2-neutralen Wirtschaft entstehen.

Nach Durchführung des Klimastresstests äußerte sich die EZB per Pressemittelung2 am 8. Juli 2022 über die Ergebnisse des Stresstests mit dem Fazit:

Die Banken im Euroraum müssen ihre Anstrengungen zur Messung und Steuerung von Klimarisiken dringend verstärken, die aktuellen Datenlücken schließen und die anerkannten Verfahren anwenden, die es in der Branche bereits gibt.

Andrea Enria Vorsitzender des Aufsichtsgremiums der EZB

Die EZB hat im Rahmen der Veröffentlichung der Ergebnisse zum Klimarisikostresstest 2022 eine Reihe an Empfehlungen abgegeben. Darunter sieht sie für die Banken unter anderem folgende Aufgaben:

  • Banken sollten Klimarisikostresstests in ihren ICAAP integrieren,
  • Banken sollten das Risikomanagement von Klimarisiken dahingehend erweitern, dass sie die Transitionspläne ihrer Kunden und deren strategische Planungen verstehen, um die Chance für die grüne Transition zu nutzen,
  • Banken müssen deutlich mehr in die Erhebung klimabezogener Daten investieren, indem sie mit Kunden bezüglich Erhebung von zusätzlichen Daten zusammenarbeiten und ihre Annahmen hinsichtlich adäquater Näherungswerte verbessern.

Erkenntnisse und Herausforderungen am Markt

Mit den Empfehlungen der EZB wird deutlich, was sich bereits heute in der Praxis zeigt. Die bereits existierenden und noch weiterkommenden europäischen und nationalen Anforderungen für große, aber auch mittlere und kleinere Institute stellen viele Institute vor große Herausforderungen. Neben der Erhebung und Beschaffung von ESG (Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung)-relevanten Daten, erkennen wir in den Gesprächen mit unseren Kunden vor allem die Herausforderung, die physischen und transitorischen Klimarisiken mit Hilfe einer konsistenten Herleitung von klimaspezifischen Änderungen hin zu Auswirkungen auf das Bankbuch in den ICAAP und das Stresstesting Framework zu integrieren. Die nachstehende Grafik des IDW zeigt, wie vielschichtig die Herausforderungen sein können und auf wie viele Bereiche einer Bank die Anforderungen Auswirkung haben.

Auswirkungen von ESG Maßnahmen auf Kreditinstitute im Überblick

Abbildung: Auswirkungen von ESG Maßnahmen auf Kreditinstitute im Überblick

Gespräche mit Kunden zeigen, dass die Überlegungen von der Analyse regulatorisch notwendiger ESG-Daten bis zur konkreten Umsetzung einer ESG-Datenbank gehen.

Herausforderungen steigen durch die MaRisk-Novelle 2022

Neben zahlreichen regulatorischen Anforderungen, unter anderem an die Offenlegung der Institute im Rahmen der EU-Taxonomie (weiterführende Informationen im Artikel „Die Nachhaltigkeits-​Berichterstattung wird ab 2022 quantitativer und vergleichbarer.“)5, wird das Thema Nachhaltigkeit durch die drei Faktoren E-S-G auch noch stärker in die LSIs (Less Significant Institutions beziehungsweise weniger bedeutende Institute) Einzug finden.

Unter anderem wurden bereits im zuletzt durchgeführten LSI-Stresstest 2022 erste qualitative Fragen rund um ESG-Themen integriert.

Dabei wurden unter anderem Fragen Wie schätzen Sie die Auswirkungen transitorischer und physischer Risiken auf Ihr Institut (beispielsweise Exposure und daraus resultierende Wertberichtigungen) mittelfristig (das heißt in den nächsten 5 Jahren) ein? oder Wie werden transitorische und physische Risiken im Risikomanagement berücksichtigt?gestellt und zeigen bereits, dass das Thema auch für LSIs immer relevanter wird und diese sich künftig stärker damit beschäftigen müssen.

Brandaktuell finden mit der 7. MaRisk-Novelle (Konsultation vom 26.09.2022) weitere Neuerungen im Kontext ESG Einzug in die von der BaFin beaufsichtigten Institute (Nähere Informationen entnehmen Sie unserem Beitrag „Von 0 auf 47 in einer Novelle – Die BaFin gibt bei ESG-Risiken Gas“). Dabei wurde neben einer Definition für „Nachhaltigkeit“ im Sinne von ESG durch die BaFin eine Reihe weiterer Themen für besonders relevant erklärt. Einige davon beziehen sich vor allem auf das Risikomanagement und werden im Zuge einer Umsetzung zu höheren Aufwänden bei den Instituten führen, wie nachfolgender Auszug zeigt:

  • AT 4.1 Tz 1 und 2: Berücksichtigung der ESG-Risiken (Risikotreiber) in der normativen und ökonomischen Perspektive des ICAAP
  • AT 4.2 Tz 2: Strategische Befassung mit Nachhaltigkeitsrisiken des Instituts
  • AT 4.3.2 Tz 1: Anpassung des bestehenden Risikomanagements (Auseinandersetzung und Dokumentation) inkl. Integration der ESG-Risiken in die Risikomessung, -steuerung und -minderungsinstrumente
  • AT 4.3.3 Tz 1: Berücksichtigung von ESG-Risiken im Stresstesting
  • AT 9 Tz 2: Betrachtung von ESG-Risiken in der Risikoanalyse für Auslagerungen
  • BTO 1.2 div. Tz: Verankerung der ESG-Risiken im Kreditprozess (über den Verweis auf die EBA (European Banking Authority)-Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung) inkl. Berücksichtigung von ESG-Risiken in Risikoklassifizierungsverfahren, oder zumindest ESG-Scores zur Bewertung der Bonität und Kreditwürdigkeit
  • BT 3.1 Tz 1 und BT 3.2 Tz Tz 1: Erweiterung des Risikoberichts um ESG-Risiken
    • Allgemein: einen aktuellen, soweit sinnvoll und möglich, quantitativen Überblick über die Auswirkungen von ESG-Risiken geben
    • Gesamtrisikobericht: Auswirkungen von ESG-Risiken über einen angemessen langen Zeitraum einzugehen…, Geschäftsmodell, Strategie und Gesamtrisikoprofil …, nachhaltigkeitsbezogene sektorale und geographische Risikokonzentrationen

Mit der Veröffentlichung des Entwurfs der 7. MaRisk-Novelle wird die Erwartungshaltung der BaFin noch klarer und zeigt, dass ESG-Risiken fester Bestandteil von der Strategie über das Risikomanagement und das Reporting, aber auch in den Kreditprozessen wird.

Ergebnisse des LSI-Stresstests vom 28.09.2022

Wie bereits erwähnt, gab es im Rahmen des LSI-Stresstests bereits erste qualitative Fragen zur Behandlung von ESG-Anforderungen bei den Banken, was letztendlich die Verbindung zu den Neuerungen in der aktuellen MaRisk-Novellierung darstellt. Die Bundesbank hat am 28.09.2022 in ihrer Pressekonferenz Stellung zu den Ergebnissen des LSI-Stresstests bezogen. Dabei hat sie sich auch zu den Klimarisiken geäußert. Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der LSIs sich derzeit bestenfalls indirekt im Risikomanagement mit Klimarisiken beschäftigt und transitorischen Risiken mehr Bedeutung beigemessen wird als physischen Risiken.

Die Bundesbank appelliert, Klimarisiken in adverse Szenarien zu integrieren und deren Effekte zu berechnen und daraus Maßnahmen abzuleiten. Natürlich werden hierzu weitere Daten erforderlich sein, um die Analysen hinreichend genau und detailliert sowie mit stabilen Prognosen durchführen zu können.

Mögliche Anforderungen an einen LSI-Klimastresstest (ESG-Stresstest)

PROF. DR. JOACHIM WUERMELING, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, kündigte bereits im Jahrbuch 2021/22 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V. an, dass die Bundesbank an einem Klimarisikostresstest für deutsche Banken arbeitet, der „top-down“ durchgeführt werden soll. Grundlage sollen aufsichtliche Meldedaten sowie öffentlich verfügbare Informationen sein, wodurch kein Mehraufwand für die Institute entstehen soll. Als mittelfristiges Ziel sollte aber sein, Klimarisiken wie jeden anderen Risikotreiber in die internen Prozesse und in die gesamte Banksteuerung zu integrieren.6

In Kombination mit den neuen Anforderungen aus der MaRisk-Novelle von 2022 und dem Appel aus der Pressekonferenz der Bundesbank zum LSI-Stresstest ist zu erwarten, dass sich auch kleinere und mittlere Institute auf einen quantitativeren Fokus in den Klimarisikostresstest vorbereiten müssen.

Aufsichtliche Anforderungen an das ESG-Stresstesting mit ganzheitlichen Lösungen erfüllen

Mit unserer langjährigen Projekterfahrung aus den unterschiedlichsten Bankengruppen unterstützen wir Sie bei der Analyse und Erfüllung der regulatorischen Anforderungen, begleiten Sie von der Identifikation der Risken mit unserer ESG-Risikoinventur, der Ableitung von Implikationen für Ihr Institut und der anschließenden Konzeption spezifischer ESG-Stresstestszenarien und deren Integration in den ICAAP (ökonomisch und normativ).

Ergänzend verfügen wir mit unseren Softwarelösungen für Pricing, Meldewesen und Risikomanagement nicht nur über das relevante Fach-Know-how, sondern können die regulatorischen Anforderungen auch direkt in der Software umsetzen.

Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!

Quellen
Sustainable Banking, ESG-Risiken, Nachhaltigkeit

Sustainable Banking

Nachhaltigkeit ist aus der Branche Banking nicht mehr wegzudenken. Treiber sind zum einen die Initiativen von Gesetzgebern und Regulatoren. Aber auch Kunden stellen vermehrt nachhaltige, umweltfreundliche und klimaschonende Aspekte in den Mittelpunkt ihrer Finanzentscheidungen. Um den langfristigen ökonomischen Erfolg zu sichern sowie die regulatorischen Hürden zu meistern, müssen Banken frühzeitig ihre Geschäftstätigkeit auf Nachhaltigkeitsziele ausrichten und fit sein für den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.

Wie sieht die optimale Vorbereitung auf eine nachhaltige Zukunft in der Branche Banking aus? Dieser Frage gehen wir in unserer Serie Sustainable Banking auf den Grund. Mehr Informationen zu diesem Zukunftsthema finden Sie auf unserer Webseite.

Sebastian Bader

Sebastian Bader

ist Master of Accounting and Finance und verfügt über langjährige Berufserfahrung in verschiedenen Rollen und Positionen in der Branche Banking. Bei msg for banking verantwortet er die Themen Non-Financial Risk & Sustainable Finance. In enger Zusammenarbeit mit seinem hochqualifizierten Team bietet er — von der strategischen Fragestellung, der ESG-Datenbeschaffung, über die Einbettung ins Risikomanagement bis hin zum Reporting (MaRisk/EU-Taxonomie/CSRD) — umfassende Lösungsangebote für Banken und Finanzdienstleister an. Durch die Kombination aus tiefgreifendem Wissen über aufsichtsrechtliche Anforderungen und umfassender Beratungserfahrung, insbesondere an der Schnittstelle zwischen IT und Fachbereichen, bieten wir unseren Kunden passgenaue End-to-End-Lösungen an.

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